Full text: Marinewesen (Heft 63)

  
  
   
Marinewefen. 5 
gewichtslage gebracht, von felber immer wieder in feine aufrechte Lage zurück- 
[chwingt. * 
Ein Schiff it feft, wenn es unter dem Andrange der gröfsten Wellen 
und des ftärkften Windes und unter dem Einfluffe all’ der vielen Schwingungen, 
die es durchzumachen hat, weder Brüche oder Deformationen erleidet, noch im 
Verbande feiner einzelnen Theile undicht oder gelockert wird. 
Ein Schiff it richtig geladen, wenn die Ladung im Schiffsraume fo 
vertheilt ift, dafs hiedurch die Stabilität und Schwingungsdauer des Schiffes 
weder zu grofs noch zu klein wird, und das Verhältnifs feiner vorderen und 
hinteren Eintauchung die Lenkbarkeit und Gefchwindigkeit des Schiffes nicht 
beeinträchtigt. 
Die Schiffs-Baukunft ift nun wohl dahin gelangt, dafs ein Schiff für die 
Aufgabe, der es zu dienen hat, in jeder Beziehung vollkommen entfprechend 
gebaut werden kann. Ein Schiff aber, das z. B. auf einem Teiche vollkommen 
ficher und zweckmäfsig ift, wird auf einem Strome, wie die Donau, fchon bedenk- 
lich und auf bewegter See unmöglich fein. 
Ein Schiff, welches für Segelbetrieb oder die offene See leicht und fchlank 
erfcheint, kann für Dampfbetrieb oder für ruhiges Gewäffer fchwerfällig und 
unbrauchbar fein. 
Ein Schiff, welches mit mäfsig hohen Borden, aber recht fchwimmfähig 
gebaut, bei beftimmter, richtig vertheilter Ladung nachgiebig, leicht fich hebt und 
mit Sicherheit über die Wogen gleitet, kann mit zu grofser oder falfch vertheilter 
Ladung von Sturzwellen überfluthet werden. 
Ein Schiff, deffen Schwerpunkt nach richtiger Ladung fo fituirt. ift, dafs 
das Schiff in grofsen, fanften Schwingungen keine befondere Inanfpruchnahme 
zu erleiden hat, kann dadurch, dafs man es zu ftabil geladen (z. B. bei Trans- 
port von Eifenbahn-Schienen diefe zu tief unten im Schiffsraume gelagert hat), 
[o kurz, rafch und heftig fchwingen, dafs der Verband (namentlich bei Holz- 
fchiffen) gelockert und das Schiff leck wird oder feine Maften verliert. 
Endlich mag ein Schiff, welches mit genügender Bemannung und Aus- 
rüftung im Stande ift, rafch Havarien zu befeitigen und das Leckwaffer auszupum- 
pen, gefahrlos fein, während dasfelbe Schiff in Ermanglung diefer Bedingungen 
von den Wellen begraben werden kann. 
Der Begriff der Seetüchtigkeit ift alfo ein relativer und hängt nicht 
nur von der Bauart des Schiffes, fondern auch von der Art feiner Ver- 
wendung ab. 
* Zur Erklärung diefes Zurückfchwingens des Schiffes: Sei Fig. z die Querfedtion eines 
Fig. 1. Fie. 2. Schiffes £ in aufrechter Lage ” S. der 
Schiffs- Schwerpunkt, D der Schwer- 
punkt der verdrängten Waffermaffe 
} n oder Deplacement-Schwerpunkt. Der 
' ‚ Schiffs-Schwerpunkt S ift der Angriffs- 
: ’ punkt der Refultirenden, mit welcher 
die Schwere das Schiff nach abwärts 
zieht, der Deplacement-Schwerpunkt 
D der Angriffspunkt der Refultiren- 
den, mit welcher das Waffer das Schiff 
nach aufwärts drängt. — Wenn, wie 
in Fig. 7, D fenkrecht unter S liegt, 
heben fich die beiden Kräfte auf und 
das Schiff iftim Gleichgewichte. 
Wird das Schiff, wie in Aig. 2, 
geneigt, fo verrückt fich in Folge der 
eigenthümlichen Form des Schiffes der 
Deplacement-Schwerpunkt von D nach 
D!" und drängt fonach die Refultirende 
des Auftriebes des Waffers, die jetzt im neuen Deplacement-Schwerpunkt D ! ihren Angriffs. 
punkt hat, das Schiff in die urfprüngliche Lage wieder zurück. 
  
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
    
   
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
 
	        
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