Full text: Des Ergänzungswerkes erster Band (9. Band)

  
Anıhen (franz. Aix-la-Chapelle), Hauptſtadt des gleichnamigen 
Reg.-Bez. in der preuß. Rheinprovinz, mit 79 606 ©. (1875), liegt 
an der Worm, einem Nebenflufje der Roer, die rechts in die Maas 
geht, an der Strede A. -Gladbach der Bergiſch - märkiſchen, Köln- 
Herbesthal der Rhein. Bahn, A. -Landesgrenze (Anſchluß an die 
Bahn nach Antwerpen- Rotterdam der belgiſchen Grand - Central) 
u. ſeit 11. Dez. 1875 A.-Würſelen u. A.-Rothe Erde der Aachener 
Jnduſtrie-Bahn. Die Stadt iſt Siß der Regierungsbehörden des Be- 
zirks, Hat Landgericht, Handelstanımer (gemeinfam mit Burtſcheid, 
\. u), Handelsgericht, das 1870 eröffnete Rheiniſ <-weſtſäli| <ePoly- 
technikum, 1865—70 im Renaiſſanceſtil erbaut, U. zahlreiche andere 
  
Schulen, Jrrenhaus (ſog. Annunciatenhaus , Direktor Geh. San.-R. 
Schervier), Waiſenhaus, das großartige Bürgerhofpital, 
Mariahilf u. andere Wohlthätigkeitsanſtalten, Feuerver- 
ſicherungsgeſellſchaften (darunter die berühmte,11825 
von Hanſemann gegründete Aachen-Münthener Feuer- 
verficherungsgejellichaft) , ein neues Gefangenhaus 2. 
Bon feiner ehemaligen Phyſiognomie als alte Kaiſerſtadt 
hat A. nur wenig Züge noch bewahrt; die breiten, freund- 
lichen Straßen mit neuen, anſehnlichen Häuſern, groß- 
artigen Fabrikgebäuden u. glänzenden Kaufläden haben es 
zu einer neuen Stadt gemacht; nur Münſter, Kornhaus, 
Rathhaus u. einige Thore erinnern noch an die alte Zeit. 
Die Münſter- od. Domkirche beſteht aus zwei Theilen 
ganz verſchiedener Bauart. Der Kuppelbau, fälj lich das 
Schiff der Kirche genannt, 796—804 von Karl d. Gr. 
aufgeführt, iſt ein Achter von 15/2 m Durchmeſſer, in 
mehr als halber Höhe umgeben von einem 16] eitigen Um- 
gange u. gekrönt mit einex Kuppel. Jn ihm iſt das Grab- 
mal Karl’ d. Gr. Der Chor, 1353—1413 an den alten 
Kuppelbau angebaut u. im \{önſten gothiſchen Stile ge- 
halten, enthält prächtige Glasmalexreien, die vom Kaiſer 
Heinvich II. geſtiftete Evangelienkanzel,. mit Goldplatten 
in getriebener Arbeit, Elfenbein-Schnißwerfen X. geziert, 
u. in der Sakriſtei Schäbe U. Reliquien. Von den übrigen 
16 fathol. Kirchen hat die Franziskanerkirche die KreuzeS- C 
abnahme von A. van Dyd. Die neue Synagoge iſt im 
orientaliſchen Stile nah Wickop’s Plane erbaut. Für die Proteſtanten 
iſt eine Kirche vorhanden. Jm Rathhaus, 1358 vom Ritter Chorus 
aufgeführt, it der Saal, indemder Friede(16 68) unterzeichnet wurde, 
in feiner urſprünglichen Größe wieder hergeſtellt worden, geziert mit 
Fresken von Rethel u. Kehren u. den Standbildern deutſcher Kaiſer. 
Der Springbrunnen vor dem Rathhauſe hat ein 1 620 aufgerichtetes 
Standbild Karl's d. Gr. aus Erzguß. Das Kornhaus, wahrſcheinlich 
aus dem 12. Jahrh., hat auf Tragſteinen Standbilder der 7 Kur- 
fürſten. Vor dem Rhein. Bahnhof ſteht ſeit 1872 ein Denkmal der 
1866 u. 1870/71 gefallenen Söhne des Reg.-Bez. A., Bronzeguß 
von Drake. A., das ſeine Entſtehung im 3. Jahrh. n. Chr. durch 
die Römer ſeinen Mineralquellen verdankt, iſt noch jet ein berühm- 
ter Badeort, der mehr als 10 000 Kurgäſte jährlich verſammelt. Es 
hat 6 warme alfalif <-muriatiſche Schweſfelquellen, Heilquellen erſten 
Ranges: drei obere, die am Abhange des das Rathhaus tragenden 
Hügels, der „Büchel“ genannk, hervorbrecden, uU. drei untere in der 
Lexikon der Gegenwart. I. 
      
      
KRomphausftraße; unter den erſteren, welche auch ſtärker u. wärmer 
ſind, iſt die vorzüglichſte die Kaiſerquelle (44°R.), in dem großartigen 
Kaiſerbade entf pringend, die auch das Neubad, das Badehaus zur Kö- 
nigin von Ungarn U. den Eliſenbrunnen (Trinkbrunnen) ſpeiſt. Die 
übrigen Hauptquellen ſind: Quirinusquelle (39,7 0 R.), Roſenbad- 
quelle (37,g°) Uu. Corneliusquelle (36,z° R.). Wirkſam ſind dieſe 
Quellen beſ. gegen Gicht, Rheumatismen , Untexleibsbeſ<hwerden, 
chronifche Katarrhe, Leberleiden, Ausſchlag, Syphilis 2c. Außerdem 
hat A. zwei kalte eiſenhaltige Sauerquellen, die meiſt äußerlich ge- 
braucht werden, u. eine Molkenkuranſtalt. Die Sommerſaiſon umfaßt 
die Monate Mai bis Oktober; neuerdings hat auch die Winterſaiſon 
großen Aufſchwung gewonnen. Seit 1865 wird das Waſſer der 
  
  
  
  
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Nr. 1. Rheiniſh-weſtphäliſhes Polytehnikun zu Aachen. : 
Kaiſerquelle auh verſandt. Hauptvereinigungspunkte der Kurgäſte 
find das prächtige Kurhaus u. die Säulenhallen des Eſliſenbrunnens 
mit ihrer Umgebung. (Vergl. Lerſch, „Die Thermalkux zu A. im 
Winter, Frühjahr u. Herbſt in flimatiſcher Hinſicht“, Aachen 1870). 
_ Die A.er Induſtrie erſtre>t ſich in erſter Linie auf Wollſpinnerei 
u. auf Fabrikation von Tuch u. anderen Koll: u. Halbwollſtoſfen, \o- 
dann auf Kragen, Nähnadeln (ca. 1600 Mill. jährlich), Slasfnöpfe 
(ca. 410 Mill. jähel.), Wagen, Maſchinen, Chemifalien 2c. Auch der 
Handel iſt bedeutend u. iſt A. beſ. Getreidemarkt für Belgien. — Mit 
A. durch die ſchöne u. breite Qurbrunnſtraßeverbunden ift Burt- 
icheid, Stadt mit 10220 E. (1875), wie A. mit ſtarker Tuh- U. 
Nadelfabrikation, Färbereien, Brauereien 2. U. ebenfalls im Beſib 
berühmter Heilquellen , im Ganzen 25. Auch hier unterſcheidet man 
zwiſchen oberen U. unteren Quellen. Die oberen ſind die heißeren 
(Mühlenbendquelle 629 R., die heißeſte von ganz Mitteleuropa). 
  
  
Zum Trinken wird gewöhnlich die Victoriaquelle (48° R.) benußt; 
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