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A Dr Carl Th. Richter.
fenden, natürlich nur folche, welche noch wirklich und eigenthümlich bei den
Clans im Gebrauche find. Aeufserft reichhaltig ift dasjenige, was Schweden und
Norwegen liefern können. Hier gibt es Provinzen, wie Dalekarlien, wo jede Ort-
fchaft ihr befonderes Mutter für gewiffe weibliche Kleidungsftücke hat. Andere
Provinzen, wie Schonen und Halland, liefern höchft intereffant decorirte Lein-
wandgewebe, alle im Bauernhaufe und für dasfelbe gemacht. Induftrie und Handei
nehmen keine Notiz davon. Anderswo findet man Wollarbeiten, Jacken und
Strümpfe mit farbigen Muftern, die in die früheften Zeiten der Culturgefchichte
zurückzugehen fcheinen. Dazu kommen Decken mit applicirter Stickerei und die
gewirkten Borten der Frauenkleidung mit vollftändig mittelalterlicher Mufterung;
kurz Skandinavien allein vermag eine reichhaltige, höchft anziehende und lehr-
reiche Collection zu Stande zu bringen.
„Eine ruffifche Collection kann nicht minder reich und intereffant ausfallen;
ein in Rufsland eben erfcheinendes Sammelwerk von Ornamenten und der Reich-
thum der in Moskau vor einigen Jahren ftattgefundenen ethnographifchen Aus-
ftellung berechtigen zu diefer Erwartung.
„Kaum minder bedeutend ift die dritte, dieSchmuc karbeiten um-
faffende Abtheilung; auch fie bietet ein hohes Intereffe, felbft für die moderne
Induftrie. Beifpielsweife fei darauf hingewiefen, dafs es dem Goldfchmied Caftel-
lani in Rom Jahrzehnte lang nicht gelingen wollte, auch nur annähernd die Fein-
heit und Freiheit des antiken Filigrans zu erreichen, bis er fich aus einem kleinen
Gebirgsorte die Arbeiter holte, welche bis dahin nur den Volksfchmuck gemacht
hatten. Diefer italienifche Volksfchmuck, mannigfäch nach den verfchiedenen
Gegenden und originell in feinen Formen, wird auch das bedeutendfte Contingent
zu diefer Gruppe zu ftellen haben. Es genügt, als Beleg deffen auf die wundervolle
Sammlung hinzuweifen, welche das South-Ken fington-Mufeum in London befitzt.
„Italien zunächtft, dürfte es Holland fein, welches die intereffantefte Auswahl
von gewerbsmäfsig verfertigtem volksthümlichen Frauenfchmucke in Gold und
Silber zu ftellen in der Lage ift. Nichtsdeftoweniger ift derfelbe eigenthümlich in
Form, Ornament und Gebrauch. Auch die nordifchen Länder vermögen einen
Beitrag zu leiften. So die fchwedifchen Provinzen, fo Norwegen mit feinen oft
reizenden Filigranarbeiten, die fchleswigfchen Infeln mit ähnlichen Erzeugniffen.
Reich ift ebenfalls die Ausbeute in den Donauländern und in den Nebenländern
der Türkei, dann von Egypten bis zum Sudan hinauf, wo überall noch das bis in
jüngfter Zeit von der civilifirten Kunft vergeffene Filigran in Uebung fteht. Auch
in Rufsland und noch manch’ anderen Ländern Europas dürfte eine Prüfung der
Volkstrachten und der nationalen Coftüme in Bezug auf den Schmuck für diefen
Zweck nicht ohne Frucht bleiben.
„Zu dem verfchiedenartigenGeräthe, das die vierte Abtheilung zu bilden
hat, wäre vorzugsweife zu rechnen: Korb- und Strohflechtereien (wozu nicht-
europäifche Nationalitäten wohl den Hauptbeitrag zu liefern hätten), Matten und
geflochtene Decken und befonders auch mannigfach ornamentirte und eigen-
!hümlich conftruirte Möbel, deren es an vielen Orten im Haus- und Volks-
gebrauch gibt. Viele derartige Gegenftände find noch nicht auf den Ausftellungen
erfchienen, weil man fie für zu unbedeutend gehalten hat. Ohne Zweifel würden
aber Kunftfreunde und Künftler fie [chätzen lernen und wahrfcheinlich befferen
Nutzen von ihnen haben als von den fogenannten Bauernfeffeln des XVII. und
XVIII. Jahrhunderts, die heute von den Liebhabern fo gefucht find.
„Zu allen vier Abtheilungen würden ohne Frage China, Japan und Indien
einen grofsen Beitrag_ zu ftellen vermögen, wenn lediglich die nationale Eigen-
thümlichkeit ins Auge gefafst würde. Es ift aber die Kunftinduftrie diefer Länder
nicht in dem Sinne eine volksthümliche, wie diejenige, die bisher befprochen
wurde; fie ift vielmehr in jedem Falle eine hochciviliirte und zum gröfsten
Theil, zumal in Indien für den Reichthum berechnet. Sie ftellt ich daher unferer
modernen Luxusinduftrie zur Seite, welche fie bekanntlich in vielen Dingen, fo-
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