Full text: Kirchliche Kunst (Heft 19)

   
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12 Hans Petfchnig. 
Richtung der deutfchen Kirchenkunft nichtfo ganz gut vertreten war, alsman nach 
den Anmeldungen hätte glauben können. Meift. der fpätgothifchen Richtung 
angehörig, find Io die Umrahmungen der deutfchen Bilder ftark verzopft, 
die Figuren find zu ftark ausgefleifselt. la er aus Ulm hat ein altes Glas- 
gemälde fo gut imitirt, dafs man es in der That für ein altes halten konnte. 
Einzelnes der deutfchen Glasmaler war übrigens ganz anerkennungswerth. 
H. Dobbeltaire aus Brügge hat den Stammbaum Chrifti in romanifcher 
Weife hergeftellt, und hier durch Retouchirung der Scheiben dem Alter nach- 
geholfen. Allein wenn man die Delicateffe der alten romanifchen Ornamente, 
wie z.B. die vonN. Kreutz bei Baden kennt, fo fah man hier, dafs dem 
Ornamente die Zartheit und feine Detaillirung fehlt, welche die alten Konfwe erke 
fo fehr auszeichnet. Die Figuren waren aber gut ftilifirt, nur die Madonna mit 
dem Chriftuskinde ftand nicht ganz im E inklange mit den übrigen Figuren. 
Walravens aus Brüffel war nicht Dede uend, 
Obwohl Frankreich mehrere grofseBilder erft im letztenMomente abgemeldet 
hatte, war es doch gut vertreten, nn zeigte weniger Einheit als Deutfchland und 
Oe sfberreich und vertrat alle möglichen und unmöglichen Richtungen. 
A. Luffon & Leon Lefevre aus Kar deln ein romanifches Fenfter 
aus, vorherrfchend in Blau, brillant in den Farben, emailartig wirkend, in 
Zeichnung, Ornament und Raumeintheilung ftreng filiftifch durchgeführt. 
Ein kirchliches Renaiffancefenfter,, die Ma und die drei Frauen 
beim Grab Chrifti, war zwar äufserft Da: in der Farbenwirkung und delicat in 
der Ausführung, aller es überfchritt vollftändig die -Grenzen der Glasmalerei 
und war ein durchfichtiges Oelbild. Die Dal ie en, landfchaftliches Beiwerk 
und architektonifche Umrakı mo; waren ganz Baal liich aufgefafst; der Effect 
war es, der hier erftrebt fein wollte. 
In einem glücklichen Gegenfatze zu diefen Glasgemälden ftand jenes von 
Attin aus Chantues, Es war eine vorzüglich gelungene Imitation eines Glas 
fenfters aus St. Quentin, dem XVI. Jal irhundert angehärig: und ftellte die Ent- 
hauptung der heiligen Barbara vor, mit gleichzeitiger Darftellung von ausein- 
ander liegenden Epifoden. Hier wurde, um das Alter täufchend nachzuahmen, 
auch retouchirt, eine Manier, welche die Franzofen gerne bei neuen Glasgemälden 
ausführen. So find die Fenfter der neu erbauten Kirche von St. Denis bei Paris 
durchweg alt gemacht. In Deutfchland und Oefterreich fcheut man fich vor 
folchen Kunftgriffen und überläfst die Patina der Zeit. 
Lorin hatte ein Bild im romanifirenden und eines im Renaiffancettil 
gebracht. Die Gemälde waren gut, aber ftanden nicht in erfter Linie. 
Didron aus Paris hingegen hatte im „Schiff Petri“ ein ganz vorzügliches 
Werk geliefert, nur waren die Figuren etwas zu gedrängt und zu grofs für das Format. 
Prächtig und charakteriftifch find die Köpfe, reich und in vorzüglicher 
Farbenwirkung die Gewandungen gewefen. Das Schiff ift mit „Cie“ gezeichnet 
und durch kleine Thürmchen decorirt. Die färbigen ornamentalen Fentter, 
welche Didron ausftellte, waren von fehr brillanter und doch harmonifcher Far- 
benwirkung und gut ftilifirt. 
Eine unmögliche oder wenigftens nicht zu billigende Richtung für Glas- 
gemälde vertrat das grofse Senfationsbild von Charles des Granges zu Eler- 
mont Ferrand, ie letzte Curaffier* aus der Schlacht von Reichshofen, auf 
einem Schimmel, nahezu in Naturgröfse und fo naturaliftifch als möglich gemacht. 
fenfationelle Abficht drängte fich in diefem Vorwurfe auf den erften 
Blick auf; und man mufs Mühe und Arbeit bedauern, die auf eine fo verfehlte 
Arbeit angewendet worden find. Solche Gefchichten find fo wenig geeignet für 
Glasfenfter, als der Egyptograph im fchwarzen Frack mit Notizbuch und Griffel 
unter egyptifchen Alterthümern, welchen Befnard aus Lyon ausgeftellt hat. 
Ebenfo gehört das Glücksrad a: den fünf nackten Frauengelftalten de Zeichnung 
nach in das „Journal amufant*. 
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