Full text: Bildende Kunst der Gegenwart (Heft 75)

Jofef Langl. 
Bauer, dem die moderne Welt fo zuwider war, wie der modernen Welt die 
akademifche Plaftik, konnte auf feine Schüler keinen bedeutfamen Einflufs üben. 
da er — als fleifsiger Lehrer fei er hoch gefchätzt — als Künftler nicht jenes 
univerfelle Terrain beherrfchte, welches einem Lehrenden gegeben fein mufs. 
Darüber find wohl die Kunftpädagogen einig, dafs nicht der Schüler in dem 
Lehrer, fondern der Lehrer in dem Schüler aufgehen mufs und feine Individua- 
lität fich der Individualität des Schülers gegenüber rein objediv zu verhalten hat. 
Man kann den fechsjährigen Knaben zur Lautirung des A B-C zwingen, aber den 
gereiften Jünglingen Vorurtheile octroyiren, hiefse den Vogel fliegen lehren wollen, 
indem man ihm die Flügel ftutzt. 
Die Schule Bauer’s erzog Decorations-Bildhauer, die für die Neubauten 
Wiens (und bei den Weltausftellungs-Gebäuden ward es neuerdings beftätigt) 
trefflich den Architekten unterftützten; freie Künftlerbahnen eröffnete fie nicht. 
Wenn Einzelne anderwärts (meiftin Dresden) fich weitere Ausbildung verfchafften, 
war wohl meift der erfte Trieb fchon erlahmt, und das Vorurtheil gegen allen 
Realismus tief genug gewurzelt, um fie nur als elegantere Stiliften in die Heimath 
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zurückkehren zu laffen, 
Es wäre für die gegenwärtige Wiener Plaftik höchft charakterifirend, 
einige Epifoden’hier anzuführen, die der Schreiber diefes in feinen Lehrjahren 
felbft miterlebte, die das Gefagte näher illuf 
et 
trirten; (loch geftattet es hier weder 
der gemeffene Raum noch der Titel diefer Abhandlung. — So mancher Stern, in 
deffen Lichte fich freilich Wenige erwärmten, ift gefunken, und bald werden die 
neuen Räume der Akademie der bildenden Künfte — hoffen wir es — auch von 
einem neuen Geifte bezogen werden, und ift es nur zu wünfchen, dafs mit den 
neu herangezogenen Kräften neues Leben in die Plaftik kommt und die Staats- 
unterftützungen ferner beffere Früchte tragen als in der Vergangenheit. Dem Stre- 
ben nach höheren Zielen, fei es in was immer für einem Fach ‚ fobald es in focialen 
\Vettkämpfen gepflegt werden foll, fchadet nichts fo fehr als — das Gefpenft der 
Protection; wo es mit feinem.Gifthauch fich einfchleicht, da ift oft weniger die 
Thatan und für fich das Bedauernswerthe, als der Reflex diefer Th at, inwelchem das 
Vertrauen welkt und das edelfte der Gefühle, das des Rechtes, fchwankend wird. 
Dafs unter den obwaltenden Verhältniffen die Wiener Bildhauerfchule 
keine Talente anzog und die Intelligenz in ihrem Kreife eher fank als fich erhob. 
wird als natürlich erfcheinen. Die Begabteren, mit welchen fich leider auch meift 
Befcheidenheit paarte, mufsten verflachen wegen Mangels an reelküntlerifcher 
Befchäftigung; die anderen ‘konnten fich trotz Befchäftigung nicht über das 
Niveau des Handwerksmäfsigen erheben, und fo repräfentirte ich die Wiener Plaftik 
auf der Weltausftellung denn hauptfächlich in Objecten, die man (mit wenig 
Ausnahmen) als Mittelgut zu bezeichnen pflegt. Manches von den Entwürfen und 
kleineren Modellen der Idealplaftik zeigte jedoch, dafs es unferem Vaterlande 
nicht etwa an Talenten mangle, auch die höchften Ziele der Kunft zu erftreben. 
lafs wir für die moderne Strömung die begabteften Vertreter hätten und nur der 
richtige Mann an die Spitze gehört, die alten Traditionen abzufchütteln und die 
Elemente des Zeitgeiftes in das Schaffen einzuführen. 
Erwähnen wir zu allererft Kundtmann’s Gruppe „Der barmherzige Sama- 
viter“ als entfchieden edelftes Werk, welches die öfterreichifche Plaftik aufzu- 
weifen hatte; dasfelbe hatte Kundtmann fchon in den fünfziger Jahren bei Hähnel] 
in Dresden gearbeitet und gab es bei der grofsen akademifchen Ausftellung im 
St. Annahaufe zur Zeit neben Begas’ Gruppen zwifchen Stiliften und Realiften zu 
heftigen Disputen Anlafs. Der natürlich fchöne Aufbau der Gruppe, die correcte, 
im Nackten eher naturaliftifch als antikifirend durchgeführte Modulation des 
Details find Vorzüge, die fich felten in folcher Vollendung wiederfinden. Befäfse 
Paris feit fünfzehn Jahren ein folches Modell von einem feiner Künftler, wir 
wären ihm ficher auf der Weltausftellung mit der Devife „appartient a l’&tat* in 
Marmor begegnet. Kundtmann ift gegenwärtig als Nachfolger Bauer’s Profeffor 
   
  
  
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
   
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
   
   
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
   
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