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28 Jofef Laugl.
zweimal fich gefällig auhören, dann aber monoton werden — oder Affe in
leerem, phrafenhaftem Rhythmus, wie Verdi feinen „Zorn“ zuweilen im Walzer-
tempo auszudrücken beliebte.
Mit dem Religiöfen ift es in der italienifchen Plaftik wohl gänzlich vorbei,
fowie noch zu bemerken i iit, dafs das „Relief“, welches fchon im XVI. Jahrhundert
blos mehr ein Anhängfel der Malerei war, in der modernen Zeit ebenfalls fehr
fpärlich gepflegt wird; felten findet man in Ausftellungen mehr diefe Darftel-
ungsweife.
Es ift fchwer, gegenwärtig in Italien von fogenannten Schulen in. der
Plaftik zu fprechen, obfchon es deren im eigentlichen Sinne des Wortes im Lande
eine Anzahl gibt. Die Gleichartigkeit der Produdion ift fo allgemein, dafs
felbft bei genauefter Prüfung nur kleine locale Abweichungen hervortreten. Dafs
in Rom noch vorwiegender die ideale ee gepflegt wird, ift wohl zunächft
dem Einfluffe der bedeutenden fremden Meiiter zuzufchreiben, die dort ihre
Ateliers aufgefchlagen hatten und fich durchwegs an die antike Formgebung
anlehnten. Der kürzlich verftorbene Tenerani (1869), ein Schüler Canova’s und
Thorwaldfen’s, kann wohl als der begabtefte unter den neueren Meiftern gelten.
In Florenz fcheinen die Vorbilder der Meifter aus dem XV. und XV]. Jahr-
hundert wieder Einflufs zu gewinnen; lebensvolle Naturauffaffung, feine indivi-
duelle Charakteriftik tritt feit Bartolini’s und es Thätigkeit auch bei den
zahlreichen Schülern diefer Meifter allenthalben zu Tage. Der eigentliche naive
gsweile im ee Italien und vielleicht am ausge-
Realismus ift abeı
fprochenften bei den M:
länder Künftlern zu finden. Die Mailänder Sculpturen
dominirten auch auf der Weltausftellung und fanden fchon der Vorwürfe halber
bei dem Gros des Publicums am meiften Beifall, Es war nur zu bedauern, wie
(chon am Eingange erwähnt, dafs viele der reizvollen Figürchen durch die Art
und Weife der Aufftellung total um ihre Wirkung kamen: die meiften derfelben
waren nämlich in der Induftriehalle (im weltlichen Tranfe pt) neben allen erdenk
lichen anderen Gegenftänden placirt und hatten weder gutes Licht noch ruhigeu
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Grund. Die Mehrzahl der Arbeiten war fchon im Jahre 1871 bei Gelegenheit der
grofsen Ausftellung in Mailand (in der Brera) exponirt und, wie fich der Bericht-
erftatter mit Vergnügen erinnert, dort in fo delicater Weife arrangirt und
beleuchtet, dafs man in der That über dem Zauber der Arbeit das Nichtsfagende
der Geg en ads vergeffen konnte. Es wurde damals wohl von einigen Seiten
gegen die Färbung des Lichtes (mit Blenden) Einfprache erhoben —- doch
gewifs mit Unrecht! Es gibt doch kein einfacheres Mittel, dem Marmor die fpröde
Weilse zu nehmen, als das Licht mit einem angenehmen Farbentone zu dämpfen.
Welch wunderbarer Effect wird doch damit bei Dannecker's „Ariadne*“ (Frank-
furt, Bethmann’s Mufeum) erreicht!
Ein deutfcher Bildhauer, Adolf Hildebrand (derzeitin Florenz),
hatte zur Zeit ‘ Weltausftellung im öfterreichifchen Mufeum für Kunft und
Induftrie einen en Hirten“ in Marmor ausgeftellt und der Oberfläche
durch Einrreibung von Tabakfaft eine äufserft milde e, wohlthuende Patina ver-
liehen, was als Mittel zur Dämpfung der unangenehmen Härte des Marmors hier
erwähnt fein mag.
Laffen wir von den Mailänder Künftlern den Profefforen Tantardini und
Magni hier den Vortritt.
Tantardiniift der feine Idealift, das heifst in dem Sinne. dafs er die
Natur in ihrer edelften Geftaltung wiederzugeben fucht, ohne dabei in irgend
welche ftrengere Stilıftik zu verfallen; das Zarte, Weibliche fpricht ihm am meiiten
zu; er behandelt feine Formen mit bewunderungswürdig er Eleganz und weit
auch in die Bewegung der Geftalten viel Anmuth zu a Seine „Betrachtende
und die „Badende“ zeigten bei den genannten Eigenfchaften einen leichten
gefälligen Linienflufs, was auch feine „Italia“ am Cavourdenkmal ee
Von der edlen Figur war ein Gypsabgufs (Vorhalle des nördlichen Amateur-
Ben eh
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