or I ms
EEE
6 Dr. Jofef Bayer.
Koller, eines Olmützers, der in Brüffel der Malweife von Leys fich anfchlofs —
„Kaifer Maximilian I. bei Dürer“, „Kaifer Karl V. bei Fugger“, „Ein Gaukler des
XV. Jahrhunderts“. Wir haben da nicht im hiftorifchen Sinne individualifirte
Figuren und Situationen vor uns, fondern nur ein beiläufig aufgegriffenes gefchicht-
liches Motiv als finnlich feffelndes Farbenbild. In gleicher Weife, als malerifche
Zeitftaffage und Scenerie ift Koller’s „Margaretha, aus der Kirche kommend“
behandelt. Ueberall in derfelben Art diefe reinlich und anziehend gemalten
Geftalten, in feinen und klaren Umriffen, ohne Rückficht auf die Luftwirkung wie
auf flachen Plan nebeneinander geftellt, aber in der forgfamen und gefchmack-
vollen Durchführung trotz der angeeigneten Manier von.namhaftem Kunftwerthe.
Wo einmal die bewegtere gefchichtliche Epifode zur Darftellung kommt, wie in
Leopold Löffler's „Kaifer Rudolph von Habsburg in Lebensgefahr bei
Murten“ und „Herzog Alba zu Rudolftadt“, ift die Aufgabe bei aller anerkennens-
werthen Tüchtigkeit etwas akademifch nüchtern gelöft; immerhin ift das letztere
Bild von Löffler neben der Behandlung des gleichen Gegenftandes von Fr. Wide-
mann in München entfchieden im Vortheil. Das „Turnier zur Zeit Maximilian’s I.“
von Fr. Ruben ift ein romantifch-hiftorifches Sittenbild, ganz hübfch in der
conventionellen Art, wie man es fo malt, wenn Einem nichts Volles und Leben-
diges einfällt — ein recht forgfam ausgeführter Bilderbogen gefchichtlicher
Illuftration. Es verfteht fich von felbft, dafs fich der unvermeidliche dreifsig-
jährige Krieg, wie in jedem Salon, auch auf der Weltausftellung einfinden mufste
— fo in dem Bilde von Jof. v. Berres „Wallenftein, fchwedifche Documente
verbrennend“.
Im Ganzen halten fich die Wiener Künftler dem objectiven Ernfte der
wirklichen Gefchichte ziemlich fern; auch liegt ihrer Sinnesart die fingirte
Anekdote weit näher als die hiftorifche, befonders wenn jener ein theatralifch-
virkfamer Zug, ein leidenfchaftlich packendes Moment abzugewinnen ift. So
wirkt das glänzend durchgeführte Bild von Heinrich v. Angeli: „Der Rächer
feiner Ehre“, wie eine illuftrirte Scene aus einem Senfationsroman; ebenfo auch
deffen „Verweigerte Abfolution“. Das erftere Bild ift fo charakteriftifch und
anfchaulich, als es eine erfundene Situation durch die belebende Kraft der male-
rifchen Phantafie nur immer werden kann; freilich macht es eben nur mehr den
Eindruck einer fehr gut gefpielten Theaterfcene mit Bühnenftellungen und
Bühnenleidenfchaft, als eines wirklichen Lebensbildes. Auch hier tritt der Maler
dem Charakteriftiker, die äufsere technifche Vollendung der beabfichtigten pathe-
tifchen Wirkung felbft wieder in den Weg. Ganz treffend hebt da Friedr. Pecht
hervor, dafs der pfychologifche Inhalt doch nicht den Hauptreiz, den entfchei-
denden Vorzug des Bildes ausmache; diefer beftehe offenbar in der wirklich
bewunderungswürdigen Ausführung des Einzelnen, befonders des Stofflichen.
„Dabei ift der Ton von einer Feinheit, die Figuren ftehen fo frei, find fo von
Luft umgeben, nichts tritt heraus oder bleibt zurück, dafs diefer artiftifche Reiz
über den pfychologifchen weit hinausgeht, ja ihn entfchieden beeinträchtigt. Bei
einer folchen Scene, die in rafchefter Bewegung vor fich geht, da haben wir doch
nicht Zeit, jedes Fältchen an den Halskraufen der Betheiligten, das Deffin jeder
Stickerei an\ihren Gewändern auf’s ausführlichfte zu ftudiren. Da fieht man
zunächft auf die Köpfe und Hände, die Bewegung der Perfonen... und eben
defshalb, weil man doch jeden Knopf und jede Litze fo genau und ruhig
gefchmackvoll ausgeführt fieht, wie das bei fich heftig bewegenden Perfonen
unmöglich, verliert das Ganze an Wahrfcheinlichkeit; man glaubt, je länger man
fie fpielen fieht, immer weniger an die Gefchichte.“ Es kommt hier wieder darauf
hinaus, was ich fchon früher hervorhob: das Intereffe an der malerifchen Erfchei-
nung tritt, der Wiener Kunftweife gemäfs, auch hier bei dem affectvollen Gegen-
ftande zunächft in den Vordergrund. Der virtuofe Pinfel befchäftigt fich (felbft bei
der Schilderung der Leidenfchaft) zuviel mit dem äufseren Menfchen, ftatt das-
jenige, was den inneren in diefem Momente erregt, überzeugend zu verfinnlichen;
ei
>
al
#1
M«
Ve
da