Full text: Bildende Kunst der Gegenwart (Heft 75)

   
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
Dr. Jofef Bayer. 
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eine gewiffe akademifche Richtung im Münchener Sinne, freilich formal-kalt und 
ziemlich abgeftanden, dahin verpflanzt und diefe nicht eben fruchtbaren Einflüffe 
fcheinen noch immer nachzuwirken. Es hat fich dort eine matte, hiftorifirende 
Richtung feftgefetzt, die zwifchen energifchem Naturalismus und höherem Stil fo 
akademifch in der Mitte hängt und fchwebt; felbft tüchtige und edel angelegte 
Talente, wie Carl Svoboda, von dem „Die befiegten Mailänder vor Kaifer Bar- 
baroffa“ ausgeftellt waren, konnten fich davon nicht recht frei machen. Einen 
oenthümlicheren Weg fchlug fpäter Jof. M. Trenkwaldein, obgleich er aus 
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ähnlichen Schuleinflüffen feine künftlerifche Herkunft leitet. Sein grofses Bild: 
„Leopold des Glorreichen Rückkehr vom Kreuzzuge“, welches fich jetzt im Belve- 
dere befindet, hat eine Menge äufserft fein empfundener Einzelheiten, während es 
auf den eigentlich hiftorifch-dramatifchen Zug, auf die zufammenfaffende Einheit des 
Eindruckes faft ausdrücklich verzichtet. Es ift ein echtes Hiftorienbild der roman- 
tifchen Gattung, von einer mehr in erzählender Art fich ausbreitenden Compofition, 
diefichin der liebevollften Ausführung der einzelnen Epifoden mit finnigem Behagen 
ergeht. Sonft bleibt von den Prager Malern nicht viel zu berichten. Em. Lauffer 
fchlug mit dem Bilde „Graf Eberhard der Greiner, der feinen Urenkel nach der 
Schlacht bei Difflingen begrüfst“ (im Kaiferpavillon ausgeftellt) in die akademifch- 
hiftorifirende Hauptrichtung der Prager Schule, aber nicht ohne namhaftes Talent 
und eine gewiffe Frifche und Kräftigkeit des Vortrages. Von dem der Kunft leider 
durch den Tod entriffenen, trefflichen Porträtmaler Johann Brandeis fahen wir 
ein vorzügliches, fcharf bezeichnetes Bildnifs. Guido Manes hat ein anziehendes 
Talent fürs Genre, das fonft in der Prager Schule fehr wenig gepflegt wird ; ebenfo 
Victor Barvitius. Jof. Hellich malt nach einer langweiligen, aber erbaulichen 
Schablone, die ihm für Stil eilt, religiöfe Hiftorien; etwas Aehnliches, wie diefer in 
feinen Kreuzwegbildern, thut auch Anton Jedlitzka in feinen „Werken der Barm- 
herzigkeit.“ Fr. Sequens (gegenwärtig in Rom) hat fich, wie wieder feine letzte 
„Verkündigung Märia’s“ zeigt, faft unrettbar in die Vorbilder Fiefole’s und der 
älteren Sienefen verfchaut. 
Eine ftarke Neigung zur Gefchichtsmalerei, mehr von nationalen Inftincten, 
als einem künftlerifchen Programm ausgehend, finden wir fowohl bei den Polen 
als bei den Ungarn. Jene werden nicht müde, ihr politifch zerftücktes Vaterland 
im Bilde wenigftens als Ganzes wieder herzuftellen, den Ruhm und die fchweren 
Leidenszeiten desfelben mit aller vergegenwärtigenden Kraft der Farbe und der 
ausdrucksvollen Charakteriftik neu auferftehen zu laffen; bei ihren magyarifchen 
Nachbarn, deren nationale Landespolitik ebenfo in ihrem ftark ausgeprägten, 
{pecial hiftorifchen Bewufstfein wurzelt, nimmt diefer Cultus der gefchichtlichen 
Erinnerungen, wie eine malerifche Feftfeier der politifchen Verjüngung Ungarns, 
fogar einen officiellen Charakter an: fo insbefondere in dem Compendium der 
ungarifchen Gefchichte in Bildern, das Lotz und Than für das Treppenhaus des 
Nationalmufeums entworfen haben und welches gerade von Attila bis auf Koffuth 
hinabreicht. Künftlerifch fteht aber die hiftorifche Elegie der Polen jedenfalls 
höher als der nationale Gefchichtspanegyricus der Magyaren, aus deffen pildlicher 
Darftellung man förmlich die Eljenrufe herausfchreien hört. Wie quantitativ-ftark 
aufser jenen fehr tüchtig und achtenswerth, wenn auch etwas conventioneli gezeich- 
neten Stiegenhaus-Compofitionen die Recapitulation der Landesgefchichte in der 
ungarifchen Kunft fonft noch vertreten ift, zeigt fchon ein flüchtiger Blick in den 
Katalog. Da wäre z.B. das Bild: „Tölöki im Schloffe Arva, feinen Sohn zur Flucht 
drängend“ von B. Szekely; ‚„Ladislaus Pofthumus unter Cilly’s Bevormundung*“ 
von demfelben; „Nach der Marchfelder Schlacht“ von Moriz Than; „Die letzten 
Momente der Vefte Szigeth“ von Fr. Weber; „Gabriel Bethlen unter feinen 
Gelehrten“ und „Georg Dozfa, der Freiheitsmärtyrer“ von V.Madaräsz. Allent- 
halben fehlt es da an der künftlerifchen Sichtung und Auslefe des Gegenftandes, 
ebenfo an derdramatifchen Concentration des bedeutfamen Momentes. Das ftoftlich- 
patriotifche Intereffe ift durchaus entfcheidend: Alles erfcheint ohne Unterfchied 
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