Full text: Bildende Kunst der Gegenwart (Heft 75)

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niren, wie es früher bei den fchwächlichen Nachzüglern der ftiliftifchen Richtung 
der Brauch war. Einen bezeichnenden Pinfelftrich voll Beftimmtheit und deutlicher 
Energie führt da der ältere Berliner AdolfMenzel, immer mit der Abficht auf das 
Auszudrückende, nicht auf die finnliche Wirkung der Farbe. Freilich gibt es von 
da herab auch manche Abftufungen bis ins Trockene, vor dem nur eine fo bedeu- 
tende künftlerifche Perfönlichkeit glücklich zu bewahren vermag. 
Nach diefen allgemeinen Bemerkungen wäre es an der Zeit, auf die ein 
zelnen Gattungen und die Pflege, deren fie fich gegenwärtig in der deutfchen 
Malerei erfreuen, in Kürze einzugehen. 
Aus herkömmlichem Refpedt beginnt man gewöhnlich mit der religiöfen 
Hiftorie, die auf dem geräufchvollen Fefte der Arbeit und Induftrie freilich ein 
etwas allzu feierlicher und fremder Gaft war. Adalbert Begas aus Berlin brachte 
„eine Mutter mit demKinde“ in edlem claffifchen Gefchmack gemalt, obgleich der 
Madonnencharakter da etwas zweifelhaft ift; Erich Correns iu München zeigt 
in feiner „heilige Familie“ viel Anmuth und Feinheit der Empfindung, und Carl 
M üller in Düffeldorf hat in feiner „Ruhe auf der Flucht nach Egypten“ die 
en Fiefole’s und der Sien&fen ohne jede nazarenifche Affectation unferem 
Verftändniffe glücklich nahe gebracht. Ein jugendlicher Johannes der Täufer von 
ee Schaus in Berlin erinnert nicht eben zu feinem Schaden ftark an 
Murillo; das Bild „Noli me tangere“ von Bernhard Plockhorft in Berlin, fchon 
von früheren Ausftellungen bekannt, ift edel, aber wohl etwas zu modern empfunden. 
Sehr würdevoll vertritt das alte Teftament ein „Abraham mit den drei Engeln“ 
von Nehe. „Das letzte Abendmahl“ von Eduard von Gebhardtin Düffeldorf, 
ein fonft fehr wackeres Bild, macht dagegen ganz den Eindruck, als ob der Künft- 
ler den hiftorifchen Jefus ftatt des mythifchen Chriftus im Kreife feiner Jünger 
hätte malen wollen. Auch diefen ift jeder ideale Reflex benommen den de: 
Heiligenfchein und die Tradition über ihre Typen verbreitet hat. 
ne a Stoffe ins Nüuckiterne und Realiftifche 
aft, in idealem Sinne weiter zu geftalten aus- 
a a a mir verfehlt. Für dieKunft find die durch hrinndcre durch- 
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Ich fage diefs keineswegs aus = siöfem She et en =: = are en 
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ee n inne. Wie fich das hriftusideal und die Apo- 
el ardo daVinci’s Abendmahl und die Tapeten Raphael’s hinab 
entwickelt haben, das wiffen wir genau: es find Geftalten, die nicht blos ein gläu- 
en Wahn, fondern künftlerifche Begeifterung erzeugte, Geftalten, die, en ein 
Goethe’fches Wort hier anzuführen, „ewig find, weil fie find“. Von dem wirklichen 
efus und den wirklichen Jünger ir i i { iti 
J d den wirklichen Jüngern haben wir ohne Vermittlung jener Kunfttradition 
abfolut keine plaftifche Vorftellung ; die heiligen Gefchichten fo etwa im Sınne des 
modernen hiftorifchen Genres verfinnlichen zu wollen, führt wieder zu einer 
realiftifchen Fiction, die noch weit mehr in der Luft hängt, als alle Heiligen- 
malerei felbft mit dem fchwülftigften Wolkenapparate. Es ni dasfelbe, als ob 
ein griechifcher Bildhauer verfucht hätte, die Götter des Olymps nach der euhe- 
meriftifchen Auffaffung der Mythen als ordinäre Menfchen darzuftellen. 
\ on gröfserem Intereffe, als wir es der religiöfen Hiftorie entgegenbrin- 
gen, von einem Intereffe, in welches fich auch der fcharfe Reiz der Streitfrage 
mit einmifcht, ift für uns allerdings die profane Gefchichtsma lereı der 
wir uns jetzt zuwenden, 
Diefe Gattung hat auch fo ihre kleine Gefchichte für fich, namentlich was 
die hiftorifchen Stoffe betrifft, die an die jeweilige Tagesordnung des Malens 
  
  
  
  
  
Gesine 
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