32 Dr. Jofef Bayer.
durch die einfache Macht des Gegenftandes ohne künftlich beabfichtigte Rührung
ergreifen, gehört das treffliche Bild „Mozart’s letzte Tage“ von dem jüngeren
Kaulb ach. -- Die Mönchszelle und der Kauller üben noch immer ihren
ftachelnden Reiz auf den Humor, der deutfchen Maler aus. Eduard
Grützner in München hat uns in feinen ebenfo luftigen als gelungenen Bil-
dern „Im Klofterkeller* und „Die Klofterbräuerei* hievon die ergötzlichften
Proben gegeben; R.S. Zimmermann dagegen betrachtet in feinem gröfseren
Gemälde „Im Vorzimmer eines Fürften“ die clericalen Typen von der Soutane
bis zur Mönchskutte herab mit einem durch die Zeitftimmung verfchärften fati-
rifchen Ernfte
Wenn der deutfche Krieg die ganze Lage des Reiches mit einem gewal-
tigen Ruck verändert und een hat, f0: it das Kriegsbild felbft in
den Grenzen der gewohnten Darftellungsweife geblieben. Nach wie vor ftellt fich
die militärifche Branche in der deutfchen Malte: nur an die Seite des Genre-
bildes, nicht der grofsen Hiftorienmalerei; ja fie ift auch obendrein oft eine
minutiöfere Nebenart des Genres, da die zufammengedrängte Fülle der Figuren
bei dem allzu mäfsigen Bilderformat eine Verkleinerung derfelben bedingt, die
fich auch als eine geiftige dem Stoffe gegenüber herausftellt. Der deutfch-
franzöfifche Krieg hat auf diefem Felde kaum zu einer neuen Kunfteroberung
geführt. In derfelben fchlichten, faft anfpruchslofen Weife, wie früher die klei-
neren Kriegsadtionen, erzählt jetzt das militärifche Zeitbild von 1870 dem
Befchauer die gröfsten kriegerifchen Erfolge Deutfchlands. Beinahe fehen die
meiften diefer Dardellungen- illuftrirten Bulletins ähnlich — gemalten Schlacht
berichten, die fich an das einfach Thatfächliche halten, den Krieg im Bilde
illuftriren, aber nicht im eigentlich höheren Sinne, mit en Kühnheit
der Auffaffung darftellen. Das pathetifche Moment im Schlachtenbilde, die Kriegs-
leidenfchaft fehlt faft durchgängig in den deutfchen Bildern, und am Ende hat
auch in dem Kriege felbft die Ausdauer, die Vorficht und Befonnenheit weit mehr
die Erfolge E »führt, als das militärifche Pathos. Die Franzofen laufen mit
Vorliebe "Sturm; in der Wirklichkeit wie im Bilde, die Italiener thun es ihnen
nach ; bei den deutfchen Kriegsmalern wird auf das Vorbereiten des entfcheiden-
den Schlages, auf die Zurüftung zu einer kriegerifchen Adtion oder die Nach-
wirkung deleiben Gewicht gelegt. Die dramatifche Seite des Krieges, das
Gefecht felbft in feinen fpannungsvollen Momenten kommt feltener und da nicht
immer glücklich zur Darftellung. Das Bild von Heinr. Lang in München „Bat-
terie Prinz Leopold im Gefecht bei Villepion“ macht da eine rühmenswerthe
Ausnahme. Es liegt darin etwas von der richtigen Feldfrifche, wenn ich fo fagen
darf; ein entfcheidender Moment, bei dem die baierifche Kriegsehre mit Aus-
zeichnung fich bewährte, ift von dem Künftler, der den Feldzug felbft mitgemacht,
fehr charakteriftifch erfafst und wiedergegeben. Ein anderer talentvoller Münch-
ner, der gleichfalls als Freiwilliger in Feten Krieg zog, Fried. Bodenmüller,
brachte ein bedeutfames K rieosbild, die Action des erften baierifchen Armee-
corps v.d. Tann, aus der Schlacht bei Sedan, und dann zwei genreartig gefafste
Kriegsepifoden „Bivouac bei Ingelsheim 5. bis 6. Auguft“ und „Nach der Schlacht
von Wörth bei Frofchweiler 6. Auguft“. Es find diefs gleichfam Memoirenbilder
aus dem Kriege, eine flimmungsvolle Vergegenwärtigung felbfterlebter Situa-
tionen. In der militärifchen Genremalerei trat als ein Bild von ergreifendfter
Wirkung jenes vom Grafen F erd. Harrach in Berlin hervor: die Scene zwifchen
dem zu Tode verwundeten Preufsen und dem Turco aus den Weinbergen von
Wörth — eine rührende Verherrlichung echten deutfchen Gemüthes inmitten des
verwildernden Krieges. Der „vorgefchobene Poften“ desfelben Künftlers — es
find lauernde Schützen im Morgennebel, „aus dem gefpenftifch die Silhouette des
Mont Valerien auftaucht“ — können wir als ein intereffantes Beifpiel jener
Gattung des Kriegsbildes anführen, wo die landfchaftliche Stimmung zur Verfinn-
lichung des dargeftellten Momentes mitwirkt. G. Bleibtreu in Berlie, deffen