Dr, Jofef Bayer.
lung des erfteren tritt bei ihm zugleich eine gewiffe malerifche Weichheit
gegenüber. Sein Hauptthema find eben die Brunnenfcenen, die eben fo uner-
fchöpflich an Poefie, wie an malerifchem Reiz bleiben, — Damit auch die ita-
lienifche Kirchthür- und Strafsenftaffage nach ihrer derb realifiifchen Seite
zur Geltung kommen, fo hat uns T. Robert-Fleury die alten Weiber vom
Platze Novana in der Kirche St. Maria della pace (Nr. 556) vorgeführt. Es
find die „Damen der Halle“ vom Gemüfemarkte zu Rom.
Von Spanien wiffen uns die franzöfifchen Genremaler auch Mancher-
lei zu erzählen. Die Arena der Stiergefechte bietet da zunächft intereffante
Motive für das novelliftifche Genrebild dar, denen der aufregende Reiz, felbft
auch ein gewiffes tragifches Intereffe nicht fehlt. Dahin gehört das Bild von Jules
Worms „Picador partant pour la courfe“ (Nr. 652) und Pierre Giraud’s
„La Devifa“ (Nr. 291); beide ebenfo ftofflich intereffant, wie malerifch effe&-
voll behandelt. Georges Vibert's „Une Cour de Diligence* (Nr. 639) ift
wieder ein geiftreiches, lufliges Gegenftück zu jenen ernften Bildern mit echt
fpanifchen, humoriftifch aufgefafsten Typen. Enrique Melida, felbft ein Spanier,
der fich zur franzöfifchen Schule bekennt, gibt uns in dem Bilde „Une Meffe
de Relevailles en Espagne (Nr. 478) eine ebenfo bezeichnende als gut gemalte
Genrefcene.
Das unterhaltende Genrebild im engeren Sinne des Wortes, in
welchem fich der deutfche Malerhumor fo fehr gefällt, mit feinen kleinen Ge-
fchichtchen, feinen bald deutlich ausgedrückten, bald halb zu errathenden
Beziehungen fanden wir in der franzöfifchen Ausftellung weniger vertreten.
Die Franzofen haben nicht jenen unermüdlich redfeligen deutfchen
Erzählungseifer im Bilde, und thun recht daran. Die Genremaler der bedeu-
tenden Kunftzeiten, fo die guten Niederländer, hatten diefe Paffion auch noch
nicht und begnügten fich ftets nur mit der einfachen, malerifch dankbaren
Situation. Der Humor im Bilde, ebenfo das Pikante und Anregende darin
liegtin der Geberde und Bewegung ,‚ingewiffen feinen charakteriftifchen Zügen,
ohne defs wir dabei eine ganze Anekdote mit in den Kauf bekommen miülffen.
Bunte Lebensbilder, in diefem Sinne erfafst, von feiner Beobach-
tung und meift grofser coloriftifcher Fertigkeit, bot die franzöfifche Ausftellung
mehrere zur Schau. Da wären zunächft die vorzüglichen Bilder von Et. Berne-
Bellecour: „Nach der Proceffion“ (Nr. 40), „Ruffifcher Chaffeur“ (Nr..#E),
„Aus dem Sattel gehoben“ (Nr. 42); fämmtlich Cabinetsflücke von auserlefe-
nem Range. Dasfelbe gilt von den Genrebildern Georges Vibert's: „Der
Hochzeitsmorgen“ (Nr. 641), „Ein Trödler“ (Nr. 642). Sein Proträt des Schau-
fpielers Coquelin von der Come&die Frangaife in der Rolle des Mascarill und
des Herrn Albert Goupil in perfifchem Coftüm find intereffante Beifpiele einer
geiftvollen genreartigen Benützung der Bildnifsmalerei. Unter den Genrebildern
der humoriftifchen Richtung ift Pierre Fre&re’s „Bubenfchlacht mit Schnee-
ballen“ (Nr. 265) mit glücklichfter Laune erfafst und von geiftreicher Behand-
lung; das anmuthige Element im Genre, mit ebenfo grofser Feinheit in der
Empfindung, wie in der malerifchen Ausführung, vertritt auf das Vorzüglichfte
W. Bonguereau in den Bildern: „Das Gelübde zur heiligen Anna“ (Nr. 72),
„Verführung“ (Nr. 73), „Die Spinnerin“ (Nr. 74). Hart daneben ftellte fich wieder
das Bizarre, noch obendrein in wildfremder Umgebung, in L. Leloir's
„Zauberin“ (Nr. 450), die mit ihren Schlangen, die fie um Hals und Arme
hinüberwirft, fich vor einem Publicum von Wilden producirt, die mit glotzen-
den Blicken dareinfehen. Von einem malerifchen Intereffe, ohne durch den
abfichtlichen Reiz des Nackten wirken zu wollen, find die „badenden Frauen zu
Douarnenez“ von Fr. Bridgeman (Nr. 91), einem Newyorker und Schüler von
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Die Möncherei, für das deutfche Genrebild ein breites Feld fatyrifcher
Schärfe und humoriftifchen Behagens, fpielt in der franzöfifchen Kunft kaum eine
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