Full text: Der Zeichnen- und Kunstunterricht (Heft 36)

18 J. Langl. 
Dem Münchner Realgymnafium kam das Regensburger in guten Freihand 
zeichnungen zunächft und wurde nur durch fchlechte figurale Vorlagen wieder 
verdorben, was im Ornamente durch ‚„Herdtle‘ gut gemacht war. Wahre Miffe- 
thaten im figuralen Zeichnen fanden fich auch in den Portefeuilles der Anftalten 
von Nürnberg und Würzburg, wobei ganze Acte mit der Feder gezeichnet 
erfchienen! An letzterer Schule wird übrigens gut mit Bleiftift nach Gypsornamen- 
ten gearbeitet. 
Das Zeichnen an den übrigen Lateinfchulen fpielt auch in Baiern wie aller- 
orts eine ziemlich ifolirte Rolle und wird fie fpielen, fo lange nicht von beiden 
Seiten, von den realen und den humaniftifchen Fächern eine Brücke angebahnt 
wird. Die revidirte Ordnung der lateinifchen Schulen und der Gymnafien im 
Königreiche Baiern vom Jahre 1863 duldet das Zeichnen als facultativen Gegen- 
ftand und überläfst es dem „Pflichteifer der Rectorate und Lehrer, dafs durch 
geeignete Belehrung ein lebhaftes Intereffe dafür bei der Jugend erweckt werde‘ 
Dafs diefe Verordnung ein Schlag ins Waffer war, wird begreiflich fein — ohne 
dafs den betreffenden Rectoraten und Lehrern ein Vorwurf zu machen wäre. 
Eine Ahnung des Bedürfniffes nach dem Zeichenunterricht taucht wohl in dem 
„Entwurf einer Ordnung gelehrter Mittelfchulen im Königreiche Baiern‘ (aus- 
earbeitet von der Berathungscommiffion 1870) wieder auf, aber blofs als Irrwifch 
feftgehalten wurde der Gedanke noch keineswegs. Der betreffende Paragraph 
(2) heifst: „Der Unterricht im Zeichnen ift den bisherigen Beftimmungen der 
Studienordnung nach als ein facultativer Lehrgegenftand unter die ‚Lehrfächer 
der Studienanftalten aufgenommen. Bei der Wichtigkeit diefes Unterrichtes für 
die Erweiterung des Formenfinnes und die Bildung eines geläuterten Gefchmackes 
ift die Frage eine wohl berechtigte, ob derfelbe nicht wenigftens für die Claffen 
der lateinifchen Schule als ein obligater Lehrgegenftand vorgefchrieben werden 
follte. Da indeffen die Commiffion hierüber keine Verhandlung gepflogen hat, fo 
ift in dem vorliegenden Entwurf in Uebereinftimmung mit den bisherigen Beftim- 
mungen der Zeichenunterricht als ein facultativer Unterrichtsgegenftand behan- 
delt worden.‘ 
Diefe Frage bleibt dann vorläufig noch offen; aber fie tritt von Tag zu Tag 
ernfter an die humaniftifchen Bildungsanftalten heran. Der Kunftunterricht pocht 
mit Gewalt an die Pforten der Gymnafien und fie werden den Titel ‚‚humaniftifche 
Bildungsanftalten‘‘ im vollen Umfange erft rechtfertigen, bis diefe leider zu lange 
vernachläfffigte Disciplin ergänzend zu den beftehenden getreten fein wird. 
Wir wenden uns zu jenen Schulen, in welchen das Zeichnen vorwiegend 
gewerbliche Intereffen zu vertreten hat, nämlich den gewerblichen Fortbildungs- 
[chulen und den eigentlichen Induftrie- oder Gewerbefchulen. Faft jeder bedeuten 
dere Ort in Bayern hat feine meift von der Commune erhaltene gewerbliche Fort- 
bildungsfchule, in welchen zum Theil rein gewerblichen, dann aber auch land 
wirthfchaftlichen und commerciellen Intereffen Rechnung getragen wird. Diefe 
Schulen haben zunächft den Zweck, den Handwerker in Bezug auf feinen Beruf 
weniger für das fpeciell Fachliche, als vielmehr für die allgemeine Bildung vorzu- 
bereiten, um gediegene gewerbetreibende Männer zu erziehen, die neben dem 
Wiffen in ihrem Fache auch eine gewiffe geiftige Reife befitzen, den heutigen 
focialen und politifchen Anforderungen entfprechen. Dafs in diefen Anftalten das 
Zeichnen nach jeder Richtung eine wichtige Rolle zu fpielen berufen ift, wird 
Niemand in Frage ftellen. 
Es ift damit für's Allgemeine läuternd auf den Gefchmack einzuwirken und 
dann die fo nothwendige technifche Fertigkeit zu pflegen, welche fich unmittelbar 
ins Praktifche überträgt. Dem erfteren wird nur durch einen fyftematifchen Lehr- 
gang mit gut gewählten Vorlagen entfprochen werden können, während das letz- 
tere von der Thätigkeit und dem Fleifse der Schüler abhängen wird. Die baieri- 
[chen gewerblichen Fortbildungsfchulen laffen leider — im Allgemeinen, den 
vorgelegten Arbeiten nach — in beiden Richtungen noch Vieles zu wünfchen 
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