Full text: Der Zeichnen- und Kunstunterricht (Heft 36)

   
  
   
   
  
  
  
   
   
   
  
  
  
   
  
  
  
   
  
   
  
   
  
   
  
   
  
  
   
    
    
  
  
   
   
    
  
     
   
  
    
    
    
    
   
   
   
   
   
    
    
   
   
      
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Der Zeichen- und Kunftunterricht. 29] 
bis zur höchftmöglichen Vollendung anzuftreben, und zugleich die Anwendung 
der Kunft auf die Gewerbe und dadurch die Veredlung der letzteren fich zum 
Ziele zu fetzen. 
Der Unterricht beginnt mit dem Ornamentenzeichnen nach plaftifchen 
Modellen und hat der Schüler, nach corredter Wiedergabe der Conturen, die 
ebenfo wichtige innere Bewegung der Formen zu len Das Modelliren im 
Ornamente gefchieht meift . Zeichnungen mit theilweifer Benützung alter 
Vorbilder und das für das Induftrielle fo nothw endige Uebertragen vom Graphi- 
{chen ins Plaftifche zu lernen. 
Für die Uebung in der Holz- und Metalltechnik werden an der Anftalt 
fowohl Holzfchnitzerei- als Cifelirarbeiten gefertigt, die entweder als Modelle in 
die Werkftätten der Gewerbetreibenden Uecchn oder direct für kirchliche 
oder Be Zwecke verwendet werden. 
In der Architektur führt das conftrudtive Zeichnen nach antiken, gothifchen 
und Renaiffancemuftern zu felbftffändigen Entwürfen baulicher und baugewerk- 
licher Gegenftände und der Anwendung der Architektur auf die Ausftattung kunft- 
gewerblicher O bjecte 
Im figuralen Fache folgt nach der Antike das Naturftudium im Porträt 
und dem Adte — fowohl im Zeichnen als im Modelliren. Damit ftehen auch die 
Uebungen im Malen in V erbindung. 
Das Inftitut pflegt auch den das Kunftgewerbe fördernden Zweck, unter 
Leitung der einzelnen Lehrer von den Schülern gröfsere plaftifche oder bildliche 
Gegenftände zu gewerblichen Zwecken auf Beftellung auszuführen, fo auch rein 
künftlerifche Aufgaben in derfelben Weife zu löfen. Die Anftalt bildet fonach 
durch diefe aus der. Erfahrung hervorgegangene Einrichtung, was der deutfchen 
Induftrie vielfach mangelt und was an der Spitze diefes aa betont wurde, 
— eine Brücke zwifchen der Kunft und dem Kunftgewerbe. Die Organifation der 
Nürnberger Kunftfchule, fo wie wir fie hier flüchtig ecichller Beben läfst mit 
ihren Ergänzungen der kunftwiffenfchaftlichen und een Vorträge, der 
De as rerfchiedener Vervielfältigungsmittel für ihre Dikichen etc. 
gewifs keinen W unfch übrig; es handelt fich nur darum, wie die Richtung der 
Schule (in Bezug auf Stil) fich zu der allgemeinen Strömung der Zeit verhält und 
welche Rolle fie in diefer Beziehung in de er Gegenwart und für dienächfte Zukunft 
für die deutfche Induftrie fpielt. Wir berühren damit freilich eine Frage von viel 
allgemeinerer Bedeutung, nämlich: was fpielt die Gothik heute mehr für eine 
Rolle im Baulichen und Induftriellen überhaupt ? 
Wer das alte Nürnberg durchwandert, wird es begre siflich finden, dafs in 
Mitten der lebendigften Traditionen des Mittelalters, unter den fchönften Blüthen 
der deutfchen Kat in einer Kunftfchule dafelbft diefe Elemente noch fortleben 
müffen, felbt wenn anderwärts die Zeit längft der Kunft ein neues Gewand 
gefchaffen und der in fteter Entwicklung wandelnde Gefchmack fich in reichen 
V eränderungen erging. Seitdem die moderne Kunft vorzugsweife durch die Vor- 
bilder der re, Renaiffance wieder zur Natur en und die dichtende 
Phantafie ihre reinften Quellen wieder erkannte, verlor die Gothik das Gebiet 
der Profankunft gänzlich; fie lenkte fpeciell zum Kirchlichen hin, in welchem 
fie fich ja in der Vergangenheit in den grofsartigften Schöpfungen entfaltet hatte. 
Hier allein wird fie er noch ihr Fortkommen a fowohl im Baulichen als 
im Kunftgewerklichen. — Die Nürnberger Kunftfchule, die ehedem vorwiegend 
die Gothik pflegte, hat nun wohl, von der Zeit gedrängt, nach und nach die 
deutfche und auch die italienifche Renaiffance aufgenommen. Die heiteren For- 
men des Südens neben den ftrengen, markigen de Node — Die verfchiedenen 
Elemente berühren fich, aber vereinigen DE: acht zu neuer Fruchtbarkeit. So 
achtenswerth die Leiftungen der rule nach den verfchiedenen Richtungen hin 
ge nannt werden müffen, war daraus doch nur zu erkennen, dafs in diefem Nach- 
ahmen des Hergebrachten auch ihr Erreichtes liegt. Es fehlen die pulfirenden 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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