Full text: Der Zeichnen- und Kunstunterricht (Heft 36)

2 J. Langl. 
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Elemente, die zu neuen, lebensvollen Formen anregen; den Compofitionen wird 
immer die Originalität mangeln, wenn nur vorhandene Motive „combinirt“ 
werden. Dort wo der Verfuch gemacht wird, die Nürnberger und Augsburger 
Vorbilder freier zu behandeln, verliert das Ornament feinen eigentlichen Kern 
und ernüchtert in den fort und fort aufgerollten Lederftreifen, wodurch zwar ein 
bewegtes, aber nichts weniger als anmuthiges Formenfpiel erzielt wird. 
Die Gothik foll im Kirchlichen fich fortentwickeln, wenn von einer Ent- 
wicklung überhaupt die Rede fein kann; die Profankunft mufs aber in ihren 
ornamentalen Motiven von der Natur ausgehen und hat im Dialekte der Renaif- 
fance die Formen für ihre Zwecke zu geben, wenn dem Fortfchritte ebene Bahnen 
geöffnet fein follen. Diefs bildet denn noch die Lücken in der Nürnberger Kunft- 
fchule. Die Grazie, das Belebende hat aus der Natur geholt zu werden, fowie 
das Technifche in den Kunftprodudten zu fludiren ift. Einen rühmenswerthen 
Anlauf nahm das Inftitut befonders unter Kreling’s einflufsreicher Leitung in 
diefer Hinficht fchon im figuralen Fache, wo das Naturftudium fowohl im Zeichen 
als in der Plaftik eifrigft gepflegt wird. Die zahlreichen Büften und Ade zeigten 
leider nur im Allgemeinen ein etwas zu frühes Einlenken in das allerdings für 
das Gewerbliche hochzufchätzende Umfetzen von Zeichnungen ins Plaftifche. 
Die Formen fchwanken meift noch; es mangelt die Sicherheit im Flächenlegen, 
die nur durch gründliches Studium nach guter Plaftik oder der Natur erreicht 
werden kann. In diefem Ringen nach der Form unterliegt natürlich dann das 
Individuelle, das Geiftige der Auffaffung, welches wie der Duft der Blume dem 
Antlitz gehört. So mangelte auch den Reliefadten das feinere Gefühl und oft der 
organifche Zufammenflufs in den Formen, was nur wieder durch gründliches 
anatomifches Studium und ein nach der Antike gefchultes Können zu erreichen 
ift; auch wäre dem hohen, faft runden Tradtemente das edle Profil der Parthenon- 
reliefs vorzuziehen, wodurch in dem exadteren Formenanfchneiden befonders der 
Anfänger an ein ftrengeres Formhalten überhaupt gewöhnt würde. 
Welchen Stilcharakter die zahlreich ausgeftellten Ornamente hatten, wurde 
erwähnt; fiezeugten alle von der technifchen Gewandtheit der Schüler #. Auch nett 
gearbeitete Wachsboffirungen, meift als Verzierungen für Gefäffe, Geräthe etc. 
beftimmt, find erwähnenswerth. Sehr fchöne, ja mitunter mufterhafte Entwürfe lagen 
in Möbelzeichnungen vor, welche auchan der Antftalt ausgeführt wurden; wie über- 
haupt in Einrichtungsftücken die Schule auch in anderer Beziehung und befonders 
im Kirchlichen Rühmliches leiftet. In den baulichen Entwürfen herrfcht die Gothik 
vor und gaben Photographien und Zeichnungen von der bedeutenden Thätigkeit 
des Inftitutes auch nach diefer Richtung Zeugnifs. Die ausgeftellten Holz- 
fchnitzereien bewegten fich wie die Gypsornamente in der Gothik und Renaiffance 
und liefsen ebenfalls in technifcher Vollendung nichts zu wünfchen übrig. Bei den 
Zeichnungen wäre nur zu tadeln, dafs die meiften „zu viel“ ausgeführt waren. 
Zeit ift Gold — und am meiften für die Kunftjünger; das lithographifche Aus- 
tüpfeln der Flächen, der Hintergrunde etc. ift aber nicht blofs Zeitverluft, 
fondern zugleich geifttödtend. Was den Vortrag im Zeichnen anbelangt, ftehen 
die franzöfifchen Schulen fowohl den deutfchen als den italienifchen noch als 
Mufter gegenüber, nämlich mit den einfachften Mitteln auf kürzeftem Wege 
den Zweck zu erreichen. Es fcheint wohl und wäre lebhaft zu wünfchen, dafs 
die Anftalt blofs auf die Ausftellungsobjecte diefe Zeit verwenden liefs, obfchon 
damit der Zweck der Ausftellung wieder als verkannt bezeichnet werden müfste, 
denn gerade in dem Vergleichen der verfchiedenen gangbaren Vortragsmetho- 
den liegt ja ein Hauptmoment für den Fortfchritt. Die gezeichneten Studien- 
köpfe nach der Natur (in Kreide auf weifsem Papier) zeugten von tieferer, 
individueller Auffaffung als die der Plaftik; auch die Adte in Kreide und Kohle 
* Das Inftitut vervielfältigt die meiften Schülerarbeiten zum Gebrauche für andere 
Schulen und wurden bis jetzt 436 Modelle für diefen Zweck aufgelegt. 
   
    
   
   
  
  
  
  
  
  
  
    
   
  
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
   
   
  
  
     
   
  
  
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