Full text: Der Zeichnen- und Kunstunterricht (Heft 36)

    
  
   
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
   
   
   
  
  
  
  
   
  
  
  
  
    
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
      
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Der Zeichen- und Kunftunterricht. 
offenbarten ein exadtes Studium. Freilich fanden wir darunter auch Namen, 
die fchon längft das Meifterdiplom in der Kunft erhalten haben! — Die Oel- 
ftudien waren alle wie von einer Hand gefchaffen; ob diefs ein Vortheil oder 
Nachtheil der Schule ift, können wir nicht näher unterfuchen. 
Das Streben des Kunftunterrichtes in allen deutfchen Kunftfchulen geht 
im Zeichnen vorwiegend nach der Durchbildung der Form und berückfichtigt 
vielfach zu wenig die denn doch wichtige malerifche Täufchung, d.h. die Nuancen 
in den Schattentiefen. Die gezeichneten Gypsmodelle erfcheinen in ihren grellen 
Lichtern und Schatten meift als Broncemodelle; ein leichterer, freierer Vortrag 
bleibt überall zu wünfchen. Es ift eigenthümlich, dafs als Zeichenmittel der fo 
dankbare Röthel überall verfchmäht wird. 
Die ftets wachfenden Sammlungen des Gewerbemufeums in Nürnberg, 
welchem auch von der Wiener Weltausftellung wieder Bedeutendes zuflofs, dürfte 
den gewerblichen Unterricht für die Folge nach und nach den modernen Beftre- 
bungen näher führen, was der Induftrie des Nürnberger Bezirkes nur vom Vor 
theile fein wird. 
Ebenfo wie in Nürnberg hat auch in München das Kunftgewerbe einen 
fpecififch localen Charakter. Hier flochten fich in die germanifchen Elemente 
durch das reichere Kunftleben im Allgemeinen ganz eigenthümlich heitere, viel- 
leicht romantifche Motive, die mit befonderem Gefchick allen Branchen der Kunft- 
induftrie einverleibt werden. Hier, wo Schwind, der „Vater des Märchens“ in der 
Kunft, feine zaubervollen Geftalten aus dem Innern der Berge, der Steinburgen 
und dem Dunkel der Wälder in Schlingwerk und Arabesken hervortreten liefs, 
wo der Meifter des Humors Kaulbach feit Jahrzehnten wirkt und eine Schaar 
heiterer Kunftjünger der anderen die Hände reicht, deren unverwüftlicher Witz 
neben echt deutfchem, poetifchem Gemüthe in den „Fliegenden Blättern“ Tfeın 
claffifches Tagebuch fand: Hier mufste ein Reflex diefes Kunftlebens auf die 
Induftrie ftattfinden — und umfomehr, als ja viele der bedeutendften Künftler 
fpäter in diefe Sphäre ihre Hauptthätigkeit verlegten. 
Den Centralpunkt für diefe Entwicklung bildet der Münchner „Kunft- 
gewerbe-Verein“, von dem feit dem Jahre 1851 die „Zeitfchrift für Kunftgewerbe“ 
herausgegeben wird, welches Werk auch in zahlreichen Bänden auf der Austtel- 
lung als die Beftrebungen des Vereins kennzeichnend vorlag. Aufserdem war 
noch eine bedeutende Anzahl Handzeichnungen aus dem Atelier des Vereins 
ausgeftellt, die in den verfchiedenften Zweigen der Kunftgewerbe den „Münchner 
Stil“ weiter charakterifirten. In dem Brunhen vor dem neuen Münchner Rathhaufe 
hat fich diefes heitere Verbinden des Figürlichen mit der Architektur fogar bis zum 
Monumentalen gewagt — in diverfen Geräthen, Gefäfsen etc., hier begegnete es 
uns blofs in der ausgelaffenften Weife. Die Ornamentik löft fich überall in menfch- 
lichen oder thierifchen Formen auf; das malerifche Gefchick baut oft die wunder- 
lichften Dinge zufammen, ohne dafs wir uns darüber beleidigt fühlten: fo wächft 
aus einer Greifenklaue ein Hirfchkopf, in deffen Geweih ein Trinkhorn gefetzt ift; 
ein Harlequin übt an einem Gefäfse Gymnaftik und bildet in der zufälligen Attitüde 
den Henkel desfelben; Gnomen und Nixlein tummeln fich an allen Ecken herum; 
das Auge ergötzt fich daran und verzeiht dem Gefchick und dem Humor, mit 
welchem die Sachen gemacht find, das frivole Spiel mit der Aefthetik. 
Die Stilrichtung, welche in der königlichen Kunftgewerbe-Schule in Mün- 
chen gepflegt wird, hält fich, wie die Ausftellung zeigte, vorwiegend an die 
Renaiffance, jedoch wird auch auf ältere claffifche Motive zurückgegriffen. Die 
Zeichnungen bewegten fich meift in Decorationsmotiven, wohin auch der Schwer- 
punkt der Schule gelegt zu fein fcheint. Hier belebt ein eifriges Studium der 
Pflanze die Motive und zeigte fich deffen wohlthätiger Einflufs insbefondere bei 
den farbigen Decorationsftudien. Die Gypsornamente, von den Schülern meift 
nach kleinen Skizzen von Diredtor H. Dyck gefertigt, zeigten ein tüchtiges Ver- 
Aändnifs der Form und waren mit viel Delicateffe durchgeführt; dasfelbe gilt von 
  
  
  
 
	        
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