Full text: Musikalische Lehrmittel und das musikalische Erziehungs- und Bildungswesen (Heft 8)

   
> Rudolf Weinwurm. 
Verzicht leiften; wo jedoch folche Zuftände nicht obwalten und wo, wie in allen 
hervorragenden Culturftaaten, man den Einflufs der mufikalifchen Kunft als Bil- 
dungsmittel zu würdigen angefangen hat, da mag die geringe Vertretung nach 
jener Seite hin Befremden erregen. Wenn auch zugegeben werden mufs, dafs die 
mufikalifche Kunft, an fich betrachtet, dem Wefen und denZwecken der modernen 
Ausftellungen von felbft und infolange fich entziehe, als nicht Jedermann die 
Fähigkeit befitzt, eine etwa aufliegende Partitur zu lefen und den Werth und die 
Bedeutung derfelben als eines mufikalifchen Kunftwerkes fofort zu erkennen, fo 
bietet fie anderfeits, fchon nach Analogie anderer wiffenfchaftlicher und künft- 
lerifcher Gebiete, eine Reihe von culturellen Momenten dar, die durch Wort und 
Zahl dargeftellt und in ihrer Bedeutung durch das Auge erfafst werden können. 
Das Verlangen ift berechtigt, dafs dort, wo es fich in einem gegebenen Momente 
um ein anfchauliches Bild der gefammten Cultur handelt, auch die Mufik, diefe 
populärfte und tiefgreifendfte aller Künfte, nicht fehle, und dafs insbefondere die 
Sorgfalt, welche die verfchiedenen Staaten und Corporationen der Pflege diefer 
Kunft als Unterrichts- und Bildungsmittel zuwenden, zur Darftellung gelange. 
Diefer Forderung wurde, wie aus dem Nachfolgenden hervorgeht, nur in den 
feltenften Fällen entfprochen; im Uebrigen vermifste man in der Weltausftellung 
fat in allen Ländern ftatiftifche und andere hieherbezügliche graphifche Dar- 
ftellungen: die Berichte der Mufik-Lehranftalten und Mufikvereine, die wefent- 
lichen Angaben über die ftaatliche oder private Organifation und Verbreitung des 
Mufikunterrichtes und viele andere für eine genauere Darftellung diefes Gebietes 
unentbehrliche Angaben. 
Nach diefen einleitenden Bemerkungen, welche den Standpunkt des 
Berichtes und deffen durch die vorliegenden Umftände bedingte Begrenzung kenn- 
zeichnen, wenden wir uns nunmehr den einzelnen Ländern zu 
Oefterreich. 
In Hinficht auf den Mufikunterricht war die Betheiligung Oefterreichs an der 
Weltausftellung eine dreifache: 
1. Durch die Aufftellung einer ziemlich vollftändigen Collection der gegen- 
wärtig an den öffentlichen Schulen in Verwendung ftehenden mufikalifchen 
Lehrmittel und Liederfammlungen, als Theil der vom k. k. Unterrichts- 
minifterium veranlafsten Collectivausftellung des öfterreichifchen 
Unterrichtes; 
2. durch einen auf diefe Colledion bezüglichen und im Auftrage desk.k. 
Unterrichtsminifteriums abgefafsten Bericht über den Mufikunterricht; 
3. durch die in diefes Gebiet einfchlägigen Materialien in dem ein Ausftellungs 
obje& bildenden öfterreichifchen Schulh aufe. 
Die wichtigften Angaben des erwähnten Berichtes mögen hier eine Stelle 
finden. Er conttatirt, dafs die Pflege des Gefanges — wenigftens in dem deutfchen 
Sprachgebiete der öfterreichifchen Monarchie — von Jahr zu Jahr im Fortfchreiten 
begriffen ift, an Umfang und Bedeutung zunimmt, dafs der Staat die bezüglichen 
Beftrebungen begünftigt und neuerdings mit der Einführung von Lehrerprüfungen 
für Mufik auch nach und nach die geeigneten künftlerifchen Kräfte diefem Gebiete 
zuzuführen die Abficht hat. Er weift ferner die gefetzlichen Beftimmungen nach, 
welche hinfichtlich des Mufikunterrichtes an den öffentlichen Lehranftalten in Gel- 
tung find, woraus hervorgeht, dafs der Gefangunterricht an den Volks- und Bürger- 
fchulen, an den Lehrer- und Lehrerinen-Bildungsanftalten obligatorifch ift, an 
den Realfchulen und Gymnafien jedoch in die Kategorie der fogenannten freien 
Lehrgegenftände, das ift folcher Gegenftände, eingereiht ift, die nur in gewiffen 
Fällen, namentlich wenn das bezügliche Unterrichtsbedürfnifs erwiefen und die 
geeigneten Lehrkräfte hiefür vorhanden find, in den Lehrplan aufgenommen werden. 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
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