Full text: Musikalische Lehrmittel und das musikalische Erziehungs- und Bildungswesen (Heft 8)

   
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26 Rudolf Weinwurm. 
lichen Gemeindegefange zu betheiligen, beziehungsweife denfelben zu fördern. 
Zugleich follen fie eine Anzahl von paffenden weltlichen Liedern mit aus der 
Schule nehmen. 
Hiebei ift überhaupt auf die Bildung des mufikalifchen Gehörs, auf die 
Entwicklung der Stimme und wo möglich auf eine grundlegende Bekanntfchaft 
mit dem Ton- und Zeichenfyftem mittel elementarer Uebungen Bedacht zu 
nehmen. Dadurch foll diejenige Singfertigkeit erzielt werden, welche die Schüler 
in den Stand fetzt, die nach dem Austritt aus der Schule fich darbietenden Gelegen- 
heiten zur Weiterbildung zu benützen. 
I. und II. Abtheilung erhalten einen befonderen Gefangunterricht fo 
lange, als fie auch fonft in zeitlicher oder räumlicher Abfonderung von den beiden 
oberen Abtheilungen gefchult werden. 
Am Schluffe des dritten Schuljahres müffen geübt fein: 10—ı5 Choral- und 
ohngefähr 8 fonftige Melodien (katholifch etwa ıo Kinderlieder, ebenfo in der 
ifraelitifchen Schule); die diatonifche Leiter und der Accord 1, 3, 5, 8 auf- und 
abfteigend; all diefes mufs richtig und ohne weitere Beihilfe als Angabe des Grund- 
und Anfangstones gemeinfchaftlich und auch in kleineren Gruppen gefunger 
werden können; auch follen die Kinder vorgefungene leichtere, leitereigene Ton- 
folgen richtig nachzufingen im Stande fein. 
Der Stoff wird geeigneten Sammlungen entnommen. Bei der Auswahl ift 
darauf zu fehen, dafs die Melodie gut ins Ohr fällt, dafs fie fliefsend und lebendig, 
der Text aber angemeffen und würdig fei. Trocken profaifche oder kindifch 
fpielende Reimereien müffen ferngehalten werden. 
In der evangelifchen Schule werden vornehmlich die in der Gemeinde 
gebräuchlichen Melodien zu den Memorirliedern diefer Stufe gefungen. 
Behandlung. Das Singen gefchieht hier vorherrfchend nach dem Gehör 
und ift einftimmig. Die tonrichtige Einübung ift durch die Violine, der gute Vortrag 
durch das Vorfingen des Lehrers, nach Umftänden auch eines fähigen älteren Schülers 
zu unterftützen. 
Da bei dem Choralfingen der Rhythmus durch die Fermaten am Schluffe 
der Zeilen häufig unterbrochen wird, fo ift auf Taktrichtigkeit defto mehr bei 
den Kinderliedern zu halten; auch mufs bei allem Singen fchon von den erften 
Anfängen an für die entfprechende Körperhaltung, die richtige Oeffnung des 
Mundes, ein gutes Vocalifiren, beftimmtes Intoniren, fangmäfsige Ausfprache des 
Textes, für Mafshalten in der Stärke des Tones fowie für das richtige Athemholen 
geforgt werden. 
Einzelgefang ift zuläffig, aber nicht geboten. 
Den Kindern darf keine Ueberfchreitung des natürlichen Umfanges ihrer 
Stimme zugemuthet werden, daher der Singftoff auch nach diefer Rückficht aus- 
gewählt fein mufs. 
Kinder mit fchlummernder Singfähigkeit dürfen beim Unterrichte nicht 
zurückgeftellt, und folche Schüler, welche beim Gefange ftark detoniren, können 
erft dann vom Mitfingen ausgefchloffen werden, wenn fich der Mangel nach längeren 
Verfuchen als ein unverbefferlicher herausgeftellt hat. 
UI. und IV. Abtheilung. Das Ziel ift das oben im Allgemeinen feft- 
gefetzte. 
Stoff. Uebungen in der Tonleiter, den Intervallen und im Takt, vornehmlich 
in Verbindung mit der Einübung von Melodien. Ohngefähr 15 Arien und Volkslieder 
und evangelifcherfeits neben den für die zwei erften Abtheilungen bezeichneten 
Chorälen von den übrigen vorgefchriebenen Choralmelodien bis zur Gefammt- 
zahl von 60. 
In den katholifchen Schulen find die durch das Gefangbuch vorgefchriebenen 
Melodien von zwei Werktags-Meffen und der zumMitfingen der Kinder geeigneten 
Sonn- und Feftags-Lieder, der Vefperpfalmen, Hymnen und Antiphonien und Cafual- 
lieder (etwa 36) einzuüben. 
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