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Das gewerbliche Unterrichtswefen.
in Berlin und Danzig, die Kunft-, Bau- und Handwerks-Schulen zu Breslau und
Erfurt und die Kunft- und Baugewerk-Schule in Magdeburg.
Die Ausbildung der Arbeiter fucht Preufsen durch fogenannte Handwerker-
Schulen (Fortbildungsfchulen mit Abend- und Sonntagsunterricht), welche mit den
Gewerbefchulen in lofer Verbindung ftehen, zu fördern; aufserdem beftehen
noch etwa 700 Sonntagsfchulen. Doch vermitteln diefe Curfe, indem fie faft aus-
fchliefslich einen elementaren Wiederholungsunterricht ertheilen, keine fach-
liche, den gewerblichen Bedürfniffen der Lehrlinge entgegenkommende Bildung
und können daher dem Arbeiter keineswegs, wie z. B. die Wintercurfe der Bau-
gewerk-Schulen, die Möglichkeit bieten, fich durch geiftige-Anftrengung, Spar-
famkeit und Fleifs in eine höhere fociale Schichte aufzufchwingen.
Der eigentliche gewerbliche Fachunterricht ift in Preufsen, von einigen
Webefchulen abgefehen, noch wenig entwickelt. Unter den Webefchulen behaup-
tet, feit die im Jahre 1845 gegründete ältefte zu Elberfeld im Jahre 1868 wieder
eingegangen ift, die Mühlheimer den erften Rang, welche Werkmeifter, Fabri-
kanten, fowie Einkäufer und Verkäufer des Manufadturfaches bildet und in vier
Curfe gegliedert ift. Der erfte ift dem allgemeinen Unterrichte im Vorbereiten
der Materialien zum Weben, der zweite der Kamm- oder Trittweberei, der dritte
der Jacquardweberei, der vierte der Vermittlung der Kenntnifs der Rohftoffe, der
Appretur der gewebten und der Calculation der zu fabricirenden Stoffe gewid-
met. Eine Schule für Mufterzeichnen ift mit der Webefchule in Verbindung ge-
bracht. Die Dauer des Curfes beträgt ein Jahr. Das hohe Unterrichtsgeld
(90 Thaler) befchränkt den Kreis der Schüler fo ziemlich auf die wohlhabenderen
Claffen.
Zu Crefeld in der Rheinprovinz, zu Grüneberg in Schlefien und zu Einböck
in Hannover beftehen ähnliche Anftalten.
Sachfen. Vorwiegender als bisher in Preufsen hat das in Sachfen herr-
fchende gewerbliche Unterrichtsfyffem die Bedürfniffe des Arbeiterftandes im
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Auge. So knüpfen die feit 1837 errichteten, in drei Wintercurfe gegliederten
Baugewerk-Schulen zu Chemnitz, Leipzig, Plauen, Zittau und Dresden direct an
die Volksfchule an und verlangen von ihren Zöglingen nur noch den Nachweis
einer vorausgegangenen praktifchen Verwendung im Steinmetz-, Polier-, Stucca-
teur-oder Zimmergewerbe. Den Zwecken der anderen grofsen Induftrien dient in
vorzüglicher Weife die Werkmeifter-Schule in Chemnitz, welche fowohl für
mafchinen-technifche als auch für chemifche Gewerbe eigene Abtheilungen enthält
und gleichfalls bei ihren Schülern nur elementare Bildung vorausfetzt. Drei haib-
jährige Claffen formiren einen Lehrcurs, fo dafs in anderthalb Jahren die
Zöglinge als fachlich vollkommen gebildete Werkmeifter des Mafchinen-, Webe.,
Spinner-, Brunnen- und Mühlenbauer- etc. oder des Färber-, Bleicher-, Brauer-,
Brenner- etc. Gewerbes von der Anftalt abgehen.
Aufserdem befteht in Chemnitz eine Gewerbe-Zeichenfchule, an welcher
von Lehrkräften der Werkmeifter-Schule in den Abendftunden der Wochentage
im geometrifchen und Freihand-Zeichnen fowohl Lehrlingen als auch felbftftän-
digen Gewerbsleuten Unterricht ertheilt wird.
Ausfchliefslicher als an diefer tritt an der in der Regel eine fünfjährige
Unterrichtszeit umfaffenden königlichen Schule für Modelliren und Mufterzeichnen
in Dresden die kunftgewerbliche Richtung hervor, welche fowohl Modelleure für
die auf plaftifche Geftaltung und Ausfchmückung als auch Mufterzeichner für die
auf lache Decoration angewiefenen Gewerbe erzieht.
Minder entwickelt zeigt fich bis jetzt das gewerbliche Fortbildungs-Schul-
wefen Sachfens. Im Verhältniffe zu dem hohen Stande der Induftrie diefes Landes
fcheinen zwanzig folcher Schulen eine allzu niedrige Anzahl. Im Gegenfatze zu
den gleichartigen Anftalten Preufsens findet an den fächfifchen Fortbildungs-
fchulen das fachliche Moment ftarke Betonung, indem der gewerbliche Zeichen-
unterricht genaue Rückficht auf die local vorwaltenden Gewerbszweige nimmt und
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