Full text: Der Blinden- und Taubstummen-Unterricht (Heft 26)

   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
    
  
   
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
     
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Der Blinden- und Taubftummen-Unterricht. J 
den das Modell des Saitengerüftes, theilweife mit Saiten bezogen; ferner Taften 
mit Wiener und englifcher Mechanik von Jofef Promberger jun. aus Wien. 
Aehnlich den Arbeiten der Mädchen des Wiener Inftitutes fanden wir 
Arbeiten von denInftituten zuBrünn, Linz, Dresden, Hannover, Kopen- 
hagen, Stuttgart, Neapel, Madrid, Peft, Brüffel, Brügge. 
Von den Arbeiten der männlichen Blinden verdienen befonders Erwähnung: 
Brünn. Hier fanden wir Seffelflechterei aus Rohr in verfchiedenen 
Muftern und vorzüglich ausgeführt; ferner Strohgeflechte, "eppiche aus Tuch- 
ftücken, Bürftenbinder-Waaren. 
Zur Herftellung der Maffebuchftaben für Blinde hatte Herr Schwarz auch 
eine Modellirplatte ausgettellt. 
Faft fimmtliche vom Brünner Blindeninftitute ausgeftellt gewefenen Lehr- 
mittel find von Herrn Schwarz felbft hergeftellt oder von ihm erfunden und nach 
feinen Angaben verfertigt. 
Linz. Rohrfeffel-Gefechte, Körbe aus Weidenruthen, Fufsdecken aus 
Stroh, Teppiche mit Wollfranfen, Tifchdecken aus färbigem Holze. 
Von Arbeiten der Mädchen find befonders erwähnenswerth: Schnüre mit 
Quaften aus weifser Baumwolle, eine Damencravate und ein Serviettenband, eine 
grofse Bettdecke, Kinderjäckchen, Nachthäubchen, ein Glockenzug, eine Altarfpitze. 
Diefes Inftitut hatte auch die Wachsbüfte des blinden Fräuleins Therefe 
v. Paradies ausgeftellt. (15. Mai 1759 in Wien geboren. 1. Februar 1824 dafelbft 
geftorben.) Mit ihrer Büfte war auch ihr Stammbuch ausgettellt, deffen Inhalt fich 
in einer hölzernen Chatulle befand. Am Deckel derfelben befand fich ihr 
Bildnifs nebft zwei Blättern von Denis und dem blinden Dichter Pfeftel. 
Therefe v. Paradies hat felbft zu einer Zeit, in der es noch kein Blinden- 
inftitut gab, einige für den Blindenunterricht wichtige Erfindungen gemacht, und 
gab Veranlaffung zum Entftehen des erften Blindeninftitutes der Welt. 
Copenhagen. Hier fanden wir Schuhmacher-Arbeiten, dazu die ver- 
fchiedenen Holzformen zum Zufchneiden des Leders. Ferner Seiler-, Bürften- 
binder- und Flechtarbeiten. Nach den dortigen Verhältniffen finden diefe 
Arbeiten reichen Abfatz. 
Dresden und Hannover. Hier wird den localen Verhältniffen ent- 
fprechend nur Korbflechterei und Seilerei getrieben, weil die dadurch erzeugten 
Waaren den beften Abfatz finden. * 
Die einträglichfte Erwerbsquelle finden die blinden Mädchen in Sachfen 
durch Verfertigung von Chignons, wozu fie die Haare aus den Magazinen des 
Dresdener Inftitutes erhalten. 
Stuttgart. Auch hier fanden wir Korbflechter-Arbeiten, Rohrfeffel- 
Geflechte, Drechslerwaaren ausgeftellt. Auch ftanden in diefer Abtheilung einige 
recht nette Holzfchnitzereien. 
Mufik. 
Die Anfichten über den Mufikunterricht find fehr divergirend. Das hat fich 
auch bei dem Blindenlehrer-Congrefs hinreichend gezeigt. 
Herr Reinhard, Director des Dresdner Blindeninftitutes, ein ganz tüch- 
tiger Mann und ein warmer Freund und Vater feiner blinden Zöglinge und mit 
ihm einige andere Herren finden in der Mufik das Mittel des Bettelwefens und 
Vagabundirens. Sie befchränken den Mufikunterricht auf den Chorgefang, Clavier- 
und Orgelfpiel, und verwerfen jeden Unterricht mit tragbaren Inftrumenten. 
Herr Wilhartiz aus Louisville in Amerika, felbft Mufiklehrer, ift der An- 
ficht, dafs Blinde niemals wahre Künftler werden. Diefe Anficht möchten wir wohl 
als eine fehr gewagte bezeichnen, und weifen hierauf bezüglich auf das allgemein, 
* Wir kommen in dem Artikel „Blindenlehrer-Congrefs“ noch auf diefe Erwerbszweige 
zurück. 
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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