10 Eduard Kaltner.
auch in Künftlerkreifen bewunderte Fräulein von Paradies hin. Aus dem Wiener
Inftitute find auch in der neueren Zeit ganz tüchtige Künftler und Compofiteure
hervorgegangen. Wir wollen hier auf die Namen Hartl, Zackreis, Labor (Kammer-
virtuos des blinden Exkönigs von Hannover) und Weftermeyer hinweifen.
Herr DiredtorPablafek vom WienerInftitute durchkreuzte die Anfchauun-
genReinhard's und Wilhartitz’s durch eine eben fo geiftreiche als auf Erfah-
rung bafırte Auseinanderfetzung, und es ftimmten ihm fehließlich faft alle Congrefs-
mitglieder bei. Wir werden fpäter auf diefen Vortrag zurückkommen, und wollen
jetzt uns auf die Ausftellung befchränken.
Fräulein Therefe v. Paradies bediente fich zu ihren Studien und Mufikübun-
gen eines Bretes mit Drahtlinien und Löchern, in welche die aus Holz hergeftell-
ten Noten gefteckt wurden. Diefe Vorrichtung, wenn gleich nicht mehr im
Gebrauche, rerkiene infoferne Achtung, als fie eine Erfindung aus jener Zeit it,
in welcher es noch kein Blindeninftitut gab, und in welcher man überhaupt die
Möglichkeit eines Blindenunterrichtes bezweifelte. Daher kam es auch, dafs die
Regierung zur Errichtung von Blinden-Erziehungsanftalten gar nichts that, was
uns um fo weniger wundern darf, da es ja heute, wo der Erfolg des Blindenunter-
richtes als thatfächlich erwiefen ift, noch Leute gibt, die noch ride zu der Änficht
zu bekehren find, dafs der Blindenunterricht ein Theil, und zwar der fchwierigfte
des allgemeinen Volksunterrichtes ift.
Gegenwärtig benützt man beim Mufikunterrichte das Notenfyflem der
Sehenden in Reliefänick,
Herr Glötzl hat dasfelbe auch in Maffefchrift hergeftellt, in welcher Art
auch Mufikübungen und ganze Tonftücke hergettellt w erden können.
Der blihde ClaviervirtuofeLabor, ehemaliger Zögling des Wiener Blinden-
inftitutes, kam auf den Gedanken, Klein’s Stachelfchrift-Apparat auch für die
Notenfchrift zu benützen
. Unter den ausgeftellt gewefenen Gegenftänden fanden wir noch Colard
Vienot’s Noten-Schreibmafchine, mittelft welcher jedoch nicht taftbare En
hergeftellt werden können, wodurch diefer finnreich conftruirte Apparat für deı
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Blinden einen grofsen Theil feines Werthes verliert.
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Arbeiten von Taubftummen-Inftituten.
Es ift fehr zu bedauern, dafs die Taubftummen-Infitute fich nur in gerin-
gem Mafse an der Ausftellung betheiligten, da doch anderfeits die Leiftungen
einzelner diefer Anftalten als vorzügliche bekannt find. Wer nun blofs nach der
Ausftellung auf die Deiftungsfähigke it diefer Inftitute fchliefsen würde, der würde
jedenfalls zu einem fehr unrichtigen Schluffe kommen.
Der Taubftumme kann jede Arbeit erlernen, zu deren Ausübung das
Gehör nicht unumgänglich nöthig ift, er wird auch manche Arbeit fich aneignen,
ohne einen eigentlichen Unterricht dafür nöthig zu haben. So exiftirt beifpiels-
weife in Wien ein Taubftummer, der fich durch Ausfchneiden von Malerpatronen
eine ganz günftige N verfchafft hat und anftändig feine Familie ernährt.
Von den weiblichen Zöglingen der Taubftummen- Inftitute in Graz, St. Pöl-
en, Stockholm, Madrid waren Handarbeiten, namentlich Strickereien, Häkel- und
an Nähereien, Weifs- und Buntftickereien ausgeftellt, die an Reinheit
und Genauigkeit vollkommen zufriedenftellend find.
Die ausbehteil ten Arbeiten der männlichen Zöglinge der Taubftummen-
Inftitute von Graz, St. Pölten, Stockholm und Madrid find den verfchiedenen
Gewerben angehörend.
So fanden wir Schuhe. Stiefel, Männer- und Frauen-Kleidungsftücke, Stroh-
und Rohrflechtereien, Webwaaren. Auch Zeichnungen und Schriften vom Taub-
ftummen-Inftitute zu St. Pölten waren ausgeftellt.
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