Full text: Anlage, Einrichtung und Lehrmittel der Volks- und Mittelschule (Heft 72)

    
   
  
   
  
   
   
  
   
  
  
  
   
   
  
  
   
  
   
  
  
   
   
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
  
   
  
  
   
   
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
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Schulbauten und Einrichtungen. > 
und reichhaltige Volksbibliothek, welche der Lehrer verwaltet. In Oefterreich 
werden folche Bildungsmittel des Volkes erft feit einer Verordnung des Unter 
richtsminifters von 1871 mit Schulen, und zwar nur da und dort in Verbindung 
gebracht. In Schweden wurden diefelben vor fünfzehn Jahren ins Leben gerufen 
und haben rafch in allen Theilen des Landes Eingang gefunden; es ift das eben 
nur möglich in einem Lande, das mit Stolz fagen kann, felbft von feinen Ver- 
brechern feien nur drei Percent des Lefens und Schreibens nicht kundig. Schwe- 
den hat übrigens, was ent{chieden nachahmenswerth ift, den Gemeinden vor vier 
Jahren Kataloge für ihre Bibliotheken empfohlen. Wer je auf diefem Gebiete 
fich umgefehen hat, wird wiffen, dafs fchablonenartig abgefafste Kataloge für 
Volksbibliotheken in Deutfchland und der Schweiz und in Oefterreich bisher an 
der Thatfache fcheiterten, dafs der Bildungszuftand der verfchiedenen Gegenden, 
ja fogar Gemeinden gegenwärtig noch ein zu verfchiedener if. Schweden 
aber hat bereits eine verhältnifsmäfsig gleichförmige Maffenbildung erzielt, was 
ihm erleichtert wurde, abgefehen von der bis zu dem Träger der Krone hinauf 
reichenden Sorgfalt der Staatsgewalt, dadurch, dafs fich hier nicht Nationalitäten 
und Glaubensbekenntniffe feindlich gegenüber ftehen, dafs das ernfte und prak- 
tifche Volk den Werth der Schulbildung erkennen gelernt hat, deren es zum 
Kampfe um das Dafein, und zur Verfchönerung des Lebens gar nicht entrathen 
kann, dafs kein Feudaladel da war, welcher das Selbftbewufstfein- der freien 
Bauernfchaft zu brechen vermochte, und, zu keinem geringeren Theile, dafs — im 
Gegenfatze zu den einft von Jefuiten beherrfchten Ländern — keine Priefterfchaft 
vorhanden war, welche die geiftige Entwicklung des Volkes principiell nieder- 
bielt. Wohl befitzt die „Kirche“ heute noch gefetzlich grofsen Einflufs auf das 
Schulwefen; doch hat derfchwedifche Clerus gemäfsigte Anfchauungen — geht er 
doch redlich feiner Verpflichtung zur Förderung der Volksbibliotheken nach! — 
und kann der Religionsunterricht nie einen culturfeindlichen Charakter annehmen, 
weil er in weltlichen Händen, in jenen des Lehrers ift. 
Höchft intereffant ift, dafs zwar bei dem Schulhaufe keinSchulgarten 
angelegt war, dafür aber eine Anzahl Pläne von Schulgärten auflag. Keiner konnte 
fich allerdings mit jenem Schulgarten vergleichen, welchen das Comite der öfter- 
reichifchen Schulfreunde bei der öfterreichifchen Mufterfchule ausftellte; jedoch 
waren fchon im Jahre 1871 von den 7528 Schulen Schwedens mehr als 2000 mit 
ähnlichen Lehrmitteln verfehen. Schweden hat in diefer Richtung nur darum 
manche fchmerzliche Erfahrung gemacht, weil feine Lehrer in den Pädagogien 
für diefen Theil ihrer Thätigkeit nicht gehörig vorgebildet werden. 
In Schweden überwiegt die Anzahljener Schulen, welche wir ,„eincla fung? 
nennen, das heifst, in welchen nur Ein Lehrer unterrichtet, fo fehr, dafs die Zahl 
der Volksfchulen im Lande nur um Weniges von der Zahl der Lehrer übertroffen 
wird. Deffenungeachtet darf man ja nicht glauben, dafs das überaus zweckmäfsig 
und glänzend eingerichtete Schulhaus in der Ausftellung etwa das Bild einer 
gewöhnlichen fchwedifchen Landfchule war.. Die Schulen Schwedens find theils 
„kleine Schulen“, welche unferen Elementarclaffen der Volksfchule entfprechen, 
(im Jahre 1871 beftanden deren 2676), theils eigentliche Volksfchulen, von denen 
noch vor drei Jahren 1164 blofse Wanderfchulen waren, theils „höhere“ Volks- 
fchulen, deren Zahl verfchwindend klein ift. Es liegt auf der Hand, dafs weder 
die Kleinfchulen, noch die Wanderfchulen auch nur annäherungsweife fo einge- 
richtet fein können, als das blendende Ausftellungsobjedt im Prater war. So find 
namentlich die phyfikalifchen Sammlungen, welche das Auge fo beftachen, bisher 
nur Eigenthum weniger Schulen. Die Zeichnungen, welche ausgeftellt waren, 
find auch nicht als Arbeiten gewöhnlicher Volksfchulen aufzufaffen, da in diefen 
das Freihandzeichnen noch einen untergeordneten Platz einnimmt. Auch machten 
Fachmänner bezüglich des Lehrganges und der Methode Bedenken geltend, 
welche zeigten, dafs der Zeichenunterricht inSchweden, das ja noch keine felbft- 
ftändige Kunftinduftrie hat, der Reform bedarf, gerade fo wie anderswo. Das 
   
	        
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