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Geographifche Lehrmittel. 9
Claffe wird „überfichtlich das Gefammtvaterland befprochen und mit einer Be-
fchreibung der Erdtheile mit Rückficht auf Grundgeftalt, Hauptgebirge, Ströme
und Bevölkerung gefchloffen“. Für die fünfte und fechste Claffe wird als
Lehrziel aufgeftellt: „Die überfichtliche Bekanntfchaft mit dem Erdkörper nach
Geftalt, Gröfse und Bewegung, nach der Vertheilung der grofsen Land- und Waffer-
maffen, dem Klima und der Lagerung der Thier- und Pflanzenwelt; die genauere
Kenntnifs Europas, insbefondere Mitteieuropas und fpeciell Oefterreichs. Aus
der politifchen Geographie ift nur das Wichtigfte mitzutheilen, fchliefslich
jedoch eine Ueberficht der Grundzüge der öfterreichifchen Verfaffung
zu geben.“
Nach der „Schul- und Unterrichesordnung für die alıse.
meinen Volksfchulen“ vom 20. Auguft 1870 hat der Unterricht in den
Realiendas Wiffenswürdigfte aus der Naturkunde, der Geographie und Gefchichte
ins Auge zu faffen. Hiebei ift der Grundlfatz feftzuhalten, dafs fich diefer Unter-
richt auf den unteren und mittleren Stufe. zunächft an die Fibel und die Schul-
Lefebücher anfchliefst, und dafs er erft auf den oberen Stufen [elbftftändig auf-
tritt.“ Was fpeciell den geographifchen Unterricht betrifft, fo wird das Lehrziel
desfelben in Paragraph 58 folgendermafsen definirt: „Ueberfichtliche Kenntnifs
der Heimat und des Vaterlandes nach phyfifchen und topifchen, ethnographifchen
und politifchen Verhältniffen; Kenntnifs des Wichtigften über Europa und die
übrigen Erdtheile mit Hervorhebung der Bodenverhältniffe; Verftändnifs der
naheliegenden Erfcheinungen, die aus der Geftalt, Stellung und Bewegung der
Erde hervorgehen. Den Ausgangspunkt des Unterrichtes bildet der allmälig unter
den Augen der Schüler fich entwickelnde Plan des Wohnortes und feiner Umge-
bung; daran fchliefst fich die allmälige Einführung in das vollftändige Verftänd-
nifs der Karte.“
Zu ‚gleicher Zeit hat das Minifterium für Cultus und Unterricht den Lehr-
plan für. die neu errichteten dreiclaffigen Bürgerfchulen veröffentlicht.
Derfelbe ftellt als Ziel des geographifchen Unterrichtes auf: „Kenntnifs ds
Wichtigften aus der mathematifchen und phyfikalifchen Geographie. Ueberficht-
liche Kenntnifs Europas und der übrigen Erdtheile. Genauere Kenntnifs der
öfterreichifch-ungarifchen Monarchie und des Heimatlandes. Kenntnifs der Reichs-
und Landesverfaffung.* Hinzugefügt wird die Bemerkung, dafs „der Unterricht
{fo viel als möglich vergleichend vorzugehen“ habe. Für die einzelnen Claffen
ift der Lehrftoff vertheilt, wie folgt:
I. Claffe. Verftändnifs des Globus und der Karte. Ueberficht der Erdtheile
nach horizontaler und verticaler Gliederung, nach ethnographifchen und politi-
{chen Verhältniffen.
II. Claffe. Geographie Europas nach Naturverhältniffen und Bewohnern
und mit Bezug auf materielle und geiftige Cultur.
III. Claffe. Eingehende Betrachtung der öfterreichifch-ungarifchen Monarchie;
Kenntnifs der Verfaffung derfelben.
Reiche Nahrung findet die Geographie und dieErdkunde in der mödernen
Volks- und Bürgerfchule auch durch den Unterricht in der Naturgefchichte und
Phyfik.
An den Gymnafien hätte der Unterricht in der Geographie nach den
Grundfätzen des Organifationsentwurfes vom Jahre 1849 ertheilt werden follen.
Wo diefelben befolgt wurden, war an einen Auffchwung diefes Unterrichtszweiges
nicht zu denken; im Gegentheile wäre, wenn ein folcher gegen die vormärzliche
Zeit überhaupt noch möglich war, ein weiterer Verfall unvermeidlich gewefen.
Die Klagen über die Mangelhaftigkeit des geographifchen Wiffens der abfolviren-
den Gymnafiaften wurden von Jahr zu Jahr lauter, der Ruf nach Reorganifation
und Verbefferung des geographifchen Unterrichtes immer ftärker. In dem Beftre-
ben, den Anforderungen der Zeit nach und nach gerecht zu werden, fehen wir
wieder die Grofscommune Wien vorangehen, und zwar an den von ihr (18064)
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