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Geographifche Lehrmittel.
Frankreich.
Die Franzofen haben an dem Aufblühen der mathematifchen, aftro-
nomifchen, naturgefchichtlichen, phyfikalifchen und geogra
phifchen Wiffenfchaft der neueren Zeit bis auf den heutigen Tag den ruhmvoll-
ften Antheil genommen. Auch hat es nicht an Beftrebungen gefehlt, beim Schul-
unterrichte mit der ftetig fortfchreitenden Wiffenfchaft in Einklang zu bleiben
und die jeweiligen Refultate diefer letzteren in geeigneter Form dem erfteren
fortwährend zugänglich und dadurch praktifch nützlich zu machen. Napoleon I.
hat der Univerfität die hohe Aufgabe geftellt, unaufhörlich dahin zu arbeiten, den
Unterricht in allen Zweigen der Wiffenfchaft zu vervollkommnen und. die
Abfaffungtüchtiger Lehrbücher zu befördern; die Univerfität folle vor-
züglich darüber wachen, dafs der Unterrichtimmer mitdemFortgange
der Wiffenfchaft gleichen Schritthalte. Auch unter den Regierungen,
welche der Herrfchaft Napoleon’s gefolgt find, wurden zu öfteren Malen Verfuche
gemacht, den Unterricht im Allgemeinen und fpeciell den Unterricht in der
Volksfchule zu heben. Victor Coufin wurde in das Ausland gefchickt, um das
Schulwefen fremder Staaten zu ftudiren. Diefer bezeichnete feiner Regierung als
befonders nachahmenswerth die Einrichtungen einzelner deutfcher Staaten, vor
allen die Schulnormen in Preufsen. „Die Erfahrungen Deutfchlands,* fagt Coufin,
„befonders Preufsens dürfen für Frankreich nicht verloren gehen; nationale Eifer-
fucht und Empfindlichkeit wäre hier nur vom Uebel.“ Aber diefe und andere an
fich vortreffliche Verfuche zur Hebung des Unterrichtes erwiefen fich jedesmal
fchwächer, als die fremdartigen Einflüffe, welche in Frankreich wie in manchen
anderen Staaten zum gröfsten Nachtheile des intellectuellen und ethifchen Lebens
der Bevölkerung nur zu oft und zu lange das mafsgebende Wort führen durften.
Die Wiffenfchaft und die Forfchung mufsten allerdings frei bleiben, weil es für
fie überhaupt keine haltbaren Feffeln gibt, aber der öffentliche Unterricht follte
an diefer Freiheit keinen Antheil haben und daher konnte unter dem Drucke
feindfeliger Elemente auch in diefem Lande das Schulwefen fich niemals zu einem
thatkräftigen und zugleich dauernden Auffchwunge emporraffen.
Die neuefte Zeit fcheint jedoch auch für Frankreich eine durchgreifende
Wendung zum Befferen herbeigeführt zu haben. Der Minifter für Unterricht und
Cultus hat unter dem Datum vom 19. September und 10. October 1871 Inftructio-
nen erlaffen, welche Mafsregeln zur Verbefferung des Unterrichtswefens ent-
hielten. In dem minifteriellen Rundfchreiben vom 27. September 1872
wurden diefe Inftrudtionen erweitert und neue Mafsregeln für das Schuljahr 1872
bis 1873 proviforifch erlaffen, zugleich den Schulvorftänden aufgetragen, mit Ende
des Lehrcurfes 1873 Vorfchläge zur definitiven Organifation des Schulwefens vor-
zulegen. Die charakteriftifchen Gefichtspunkte, welche das bezeichnete Rund-
fchreiben als den einftweilen zu beobachtenden Mafsftab für den geographifchen
Unterricht enthält, und die vorausfichtlich auch bei einer definitiv feftzufetzenden
Schulordnung Berückfichtigung finden werden, laffen fich kurz in Folgendem
zufammenfaffen :
Der Minifter hebt hervor, dafs die bisher beim Unterrichte in der Geogra-
phie beobachtete Methode der Logik und der Erfahrung widerfpreche. Man fei
mit dem Kinde vom Unbekannten ausgegangen, um zum Bekannten zu gelangen,
wenn man überhaupt zu diefem gelangt fei; man habe mit ihm von der Erdkugel
gefprochen, von welcher es keine Idee hatte, anftatt mit ihm in die Umgebung
der Stadt oder des Dorfes hinauszugehen. Der Schüler wurde angehalten, Auftra-
lien oder China kennen zu lernen, bevor er von feinem Departement etwas wulste.
Es fei Zeit, dafs man in der Pädagogik wieder eine naturgemäfse Methode befolge.
Zu diefem Zwecke fordert der Minifter, dafs man zu den Vorfchriften der Confti-
tuante von 1789 zurückgreife und, wie es in Deutfchland Sitte fei, mit der Befchrei:-