Full text: Allgemeine Bildungsmittel (Heft 67)

    
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
   
  
  
  
  
   
    
   
   
   
   
  
   
  
  
  
    
   
  
  
    
  
   
     
     
      
   
    
   
    
       
  
   
   
    
  
   
  
  
   
   
  
  
    
     
     
  
Buchhandel und Literatur des Ausl 
Leconte de Lisle in feinen „Erinnyen* verfucht hat, blieben unbeachtet vom 
grofsen Publicum und befchäftigten nur die Literaturkenner und Kritiker. Auf 
lyrifchem Gebiete ftreben zahlreiche jüngere Kräfte dem Altmeifter Vidtor Hugo 
nach, der felbft in den letzten Jahren noch manches grofs concipirte, aber fhsack 
ausgeführte und tendenziöfe Gedicht (Chanfons des rueset des bois, L’Annee ter- 
rible) in die Welt hinausfandte ; aber nur Wenige kamen über die Grundfehler der 
Nachahmung, erkünftelte Stimmung und Unfelbftftändigkeit der Auffaffung hinaus. 
Gedankentiefe und Empfindung bewahrte unter diefen Anhängern Victor Hugo’s 
nur Theophile Gautier, der im Jahre 1872 einen bedauernswerth frühen Tod gefun 
den hat. Durch fociale Agitationsgedichte machte fich Frangois Copp& bekannt, 
ınd als Stütze der neuromantifchen Schule gilt Theodor de Banville. Unter den 
übrigen Lyrikern ragten Prudhomme, Lemoyne und vor allen der Arzt Chenet 
mit feinen „Les Haltes“ hervor. Dafs es in den Jahren 1871 und 1872 an Kriegs- 
liedern nicht fehlte, verfteht fich von felbft, aber fie haben nicht nur keinen 
bleibenden poetifchen Werth, fondern widern zum Theil, wie die Gedichte: „L’In- 
vafıon en 1870“ von A. Delpit, durch die Verläumdung an, zu der fich die 
nationale Leidenfchaft hinreifsen liefs. Eine Ausnahme bilden nur die von 
einem anonymen Autor herausgegebenen „Souvenirs: Hiftoire quotidienne*, 
ferner Manuel’s empfindungsftarke „Les Pigeons de la Kopebliguet und die 
volksthümlichen Lieder im bretonfchen Dialekte. Im Roman haben Victor Hugo 
(„L’Homme qui rit“), Georges Sand („Monfieur Sylveftre“, „Un dernier amour“) 
und About („L’Infäme“, „Ahmed le Fellah“), die drei Vertreter des phantaftifch- 
focialiftifchen, des demokratifch-fentimentalen und des anmuthig-leichten Romans 
in bekannten Richtungen fortgearbeitet. Flambert, der den E hebrüchs Roman auf 
dem Boden der Provinz fpielen läfst, Feydeau, der craffe Naturalift in der 
Zeichnung des Lafters, Champfleury, Hector Malot und zahlreiche Andere 
forgten für das Tagesbedürfnifs, das feit den Tagen Dumas’ und Sue’s nur 
durch grofse Effedte und ftarkes Raffinement befriedigt werden kann. Dumas 
fils variirte in der „L’Affaire Clemenceau* das beliebte Problem des compli- 
cirten Ehebruchs. Sardou hielt, in der fpäter dramatifirten Gefchichte „La 
ımille Benoiton“ der leichtfertigen Parifer Gefellfchaft einen Spiegel vor. 
Das bekannte elfäffifche Dichterpaar Erckmann-Chartrian ftellt eine Specialität auf 
dem Gebiete des Romans dar, indem es (L’Hiftoire d’un homme du peuple) auf 
den m einmal eingefchlage nen W ege der Dorfgefchichte rüftig fortfchreitet und nur 
den etwas craffen Effedten dr Einflufs der Parifer Salonfchriftfteller merken 
läfst. In „L’Hiftoire d’un plebiscite“ ift die Erfindung und Ausführung durch die 
gehäffige, gegen Deutfchland gerichtete Tendenz getrübt. 
Ww enn auf dem Gebiete der Belletristik in der Maffenprodudtion vor und 
nach dem Kriege der nachthei I Einflufs der Frivolität, welche das zweite 
Kaiferthum TOISSEZOBEn, herrfchend geblieben ift, fo mufs man dagegen mit 
Bewunderung die rüftige und umfafl Tende Arbeit auf wiffenfchaftlichem Gebiete 
anerkennen, welche ‚ unberührt von den politifchen Umwälzungen und Verwir- 
rungen, namentlich auf philologifchem und hiftorifchem Gebiete, die beften 
Traditionen des franzöfifchen Volkes wahrte. Nur einzelne wenige Werke follen 
als Beifpiele hier angeführt werden; fo der nunmehr vollendete „Dictionnaire de 
la langue frangaife“ von Littre, ein Werk, für welches der berühmte Verfaffer 
29 Jahre zur Sammlung des Materiales brauchte und das fodann (begonnen im 
Jahre 1863) in etwa ıo Jahren vollendet wurde. Das Werk, das auf wiffenfchaft- 
licher Grundlage die Gefchichte eines jeden franzöfifchen Wortes bringt und 
dabei in der Derfelluns, der Entwicklung die ganze ethnographifche und hifto- 
rifche Bedeutung der Philologie erkennen läfst, fteht auf der Höhe der modernen 
vergleichenden Sprachforfchung und darf als ein Seitenftück der phänomenalen 
wiffenfchaftlichen Leiftungen der Gebrüder Grimm in Deutfchland bezeichnet 
werden. Culturgefchichtlich bedeutend ift Jaquemart’s „L’Hiftoire de lace ramique* 
(erfchienen bei Hachette), welche eine Ueberficht der Trinkgefäfse aller Zeiten 
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