Full text: Allgemeine Bildungsmittel (Heft 67)

  
    
   
  
  
   
  
   
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
   
   
  
    
   
     
    
   
   
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
   
  
   
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
  
   
  
   
   
  
   
   
   
   
    
  
  
  
   
   
   
  
  
   
   
  
   
Der internationale Patentcongrefs. 37 
fchreibe ich ein Buch, verfertige ich eine Statue, fie kommt dadurch in meine 
Rechtsfphäre; mache ich eine Erfindung, fo kommt fie dadurch in meine Rechts- 
[phäre und ich kann vom Staate verlangen, dafs er mich in meinem Rechte fchützt 
und wahrt. Die juridifchen Einwendungen, die dagegen gemacht werden können, 
redueiren fich auf einige wenige Sätze, die ich fehr einfach widerlegen zu können 
glaube. Der Satz, dafs es kein geiftiges Eigenthum gebe, dafs es dem Begriffe 
des Eigenthums widerfpreche, ift nur dann berechtigt, wenn man vom Eigenthum 
des Erfinders fprechen will; nennen wir es aber Erfinderrecht, fo fällt Alles, was 
aus dem Begriffe des Eigenthums deducirt ıft, weg. Es wird gefagt, es fei kein 
fafsbares Eigenthum;; es ift fchwer auf das fliefsende Waffer oder auf die Luft 
ein Eigenthumsrecht geltend zu machen; doch wiffen wir, dafs es „Wafferrechts- 
gefetzgebungen* gibt und wir haben im bürgerlichen Gefetzbuche eine 3eftimmung, 
welche ausfpricht, dafs die Luftfäule über meinem Grunde mir gehört. Endlich fagt 
man, es fei vom juridifchen Standpunkte das Erfindungsrecht zu verwerfen, weil 
durch die Bekanntmachung der Erfinder auf das Eigenthum verzichte. Nun, das 
ift mir als Juriften ganz antipathifch. Ich kann fagen, dafs der Eigenthümer, 
dadurch, dafs er fein Recht nicht ausübt, auf dasfelbe verzichtet durch 
eine Reihe von Jahren. Daraus aber, dafs Einer fein Recht ausübt, darauf 
zu fchliefsen, dafs er auf fein Eigenthum verzichte , ift mir unmöglich. Ich 
bin einer der wenigen Juriften, die das moderne Rechtsbewufstfein in fich 
tragen, wie es in den Anträgen des Comites dargelegt ift: es gehe das Erfinder- 
recht fchon aus rechtsphilofophifchen Grundfätzen hervor.“ 
  
  
Die übrigen Befchlüffe des Congreffes bedürfen keiner weiteren Erör- 
terung durch die Debatte, da fie felbft klar genug für fich fprechen. Es fei 
nur noch hervorgehoben, dafs, wie fchon in älteren Werken der fünfzehnjährige 
Schutz einer Erfindung eine Erfahrungsfache ift, welche, wie Dr. W. Siemens 
hervorhebt, „die meiften Patentgefetzgebungen feftgeftellt haben“. Auch der 
Congrefs hat diefe Zeit für ausreichend erklärt, aber auch „als nothwendig, um 
eine einigermafsen nothwendig complicirte Erfindung, welche Mühe und Arbeit 
koftet, einzuführen und lohnend für den Erfinder zu machen. Denn es if ja nach 
unferer Auffaffung der Zweck eines Patentes, dem Erfinder einen Lohn für feine 
Erfindung in möglichft fichere Ausficht zu ftellen. Es kommt gar nicht darauf 
an, ob Jemandglaubt, esfeienein oder einige Jahre mehr oder weniger nöthig. Wir 
wollen vielmehr darthun, dafs wir eine Zeit von 15 Jahren alseine Nothwendigkeit 
anfehen und als einen praktifchen Durchfchnitt deffen erkennen, was bereits 
mafsgebend gewefen ift“, 
Wie die ältere Literatur es fchon fordert, hat auch der Congrefs die 
Oeffentlichkeit und die Verpflichtung zur Publication der patentirten Erfindung 
gefordert und Dr. W. Siemens erklärte dafür fehr richtig: „Es ift geradezu eine 
Verfchwendung von Capitalien, wenn durch eine unvollkommene Publication und 
dadurch, dafs der Erfinder felbft nicht Intereffe daran hat, feine Erfindung überall 
zur Einführung zu bringen, die Leute angewiefen find, felbft die Verfuchskoften 
nochmals durchzumachen.“ Nur dadurch ift das Fabriksgeheimnifs, „welches durch 
feine Ueberwucherung die Induftrie um Jahrhunderte, vielleicht um Jahrtaufende 
zurückgebracht hat, zu befeitigen und auszurotten“, 
Die Entfchädigung des Erfinders durch befondere Staatsbelohnungen oder 
Gratificationen wurde abgelehnt, weil, wie Friedrich Hoffm ann aus Berlin fehr 
richtig erklärte, man es keinem rechtlichen Menfchen zumuthen werde, „dafs er 
für feine reelle und rechtfchaffene Arbeit die Gnade einer Gratification erbettle, 
dafs er da, wo fich andere auf ihr gutes Recht ftützen, die Hand ausftrecken Toll, 
um eine Gabe aus Gunft zu empfangen.“ Und möchten wir hinzufügen, wie wir 
diefs fchon in unferer Betrachtung der Patentgefetzgebung gethan, weil es für 
die Gnade oder flaatliche Auszeichnung kein Mafs gibt und fchliefslich jede 
Erfindung, weil fie in den Rahmen des allgemeinen Anfpruches pafst, von vorne 
    
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.