50 J. Löwenthal.
wadmenden Jugend durch Unterricht, Herbeifchaffung der ihr nöthigen Materialien
und Geldbeiträge kräftig unter die Arme zu greifen, und nicht nur für die technifche,
a auch für die geiftige Entwicklung derfelben durch Vorträge über Archi
tektonik, Chemie, Geometrie, Kunftgefchichte u. f. w. zu wirken bemüht ift. Eine
wohlorganifirte Zeichenfchule mit Werkftatt und ein reich mit Modellen, Zeich-
nungen und einer Bibliothek ausgeftattetes Mufeum ftehen ihr dabei zu Gebote,
während gleichzeitig die im Mufeum ftattfindende permanente Ausftellu ung den
Künftlern die Mittel zum Abfatze ihrer Arbeiten bietet und des Pollen die
Erzeugniffe der fchönen Künfte zur Anfchauung bringt. Als ein erfreuliches
Moment wollen wir noch erwähnen, dafs auch in Finnland das Volksfchulwefen
in lebhafter Entwicklung begriffen ift. Seit dem Erlaffe einer Verordnung vom
Jahre 18066, welche allen Ortfchaften die Errichtung von Schulen als Pflicht auf-
erlegt, haben ıız Gemeinden auf dem Lande 190 höhere Volksfchulen gegründet
und auch in den Städten geht die Organifation des Volksunterrichtes vorwärt
Drei Seminarien forgen für die Heranbildung von Lehrern und Lehrerinen und
der Staat felbft unterhält 9 vollftändige Lehranftalten mit fieben Claffen, 12 höhere,
33 niedere Elementarfchulen und 3 Lyceen. Aufserdem gibt es in Finnland
4 Taubftummen-Schulen und 2 Lehranftalten für Blinde. Die kaiferliche Alexander-
Univerfität, früher in Abo, feit 1827 in Helfingfors, wirkt fortbildend mit ihren
vier Facultäten, ihrer 120.000 Bände umfaffenden Bibliothek und ihren mannig-
faltigen wiffenfchaftlichen Anftalten und Sammlungen. Sie wurde im Jahre 1870
von 701 Studenten befucht, ift fehr reich dotirt und ihre Einkünfte beliefen fich
auf 1,102.153 Mark.
Griechenland.
Um die literarifche Thätigkeit in Griechenland zu beurkunden, hat die
Commiffion zur Ermunterung der nationalen Induftrie in Athen einen „Catalogue
raisonn€&“* über die während der Jahre 1868—1872 veröffentlichten Bücher für die
Weltausftellung verfaffen laffen. Derfelbe erftreckt fich allerdings über eine anfehn-
liche Zahl der verfchiedenartigften Schriften und zeigt, dafs man in allen Rich
tungen des Wiffens anderen in der Bildung vorgefchrittenen Ländern nachzuftreben
bemüht ift; allein die meiften Bücher beftehen in Ueberfetzungen aus fremden
Sprachen und auch die Wahl der berückfichtigten Werke erfcheint uns gerade
nicht als eine glückliche. Mehrere ganz unbedeutende Bücher find aus ihrer ver-
dienten V ergefl fenheit hervorgezogen worden, während gediegene Werke nur in
äufserft fpärlicher Zahl beachtet wurden. Einen eigenthümlichen Eindruck machte
es auf uns, dafs deutfche Bücher erft aus franzöfifchen Uebertragungen Zugang
zum griechifchen Idiom fanden.
Sehr eingehend ift das Zeitungswefen in einer vom griechifchen Minifterium
veranlafsten Sammlung der in Griechenland erfcheinenden Journale behandelt
worden. Vor der Revolution im Jahre 1820 gab es dort keine einzige Buch-
druckerei. Die erfte entftand im Jahre 1822 auf der Infel Hydra, eine andere im
folgenden Jahre in Athen und in Miffolonghi, und eine vierte im Jahre 1824 in
Nauplia, zum Drucke der amtlichen Zeitung. Nach der Unabhängigkeitserklärung
wurden während der Präfidentfchaft Kapodiftrias’ mehrere Bücher und Journale
und-in gröfserer Menge nach der Gründung des Königthums veröffentlicht. Bis
zum Jahre 1837 war die Preffe vollkommen frei. Die fteten heftigen Anfeindungen,
die diefelbe fich gegenüber der baierifchen Armee erlaubte, veranlafste die Regie-
rung zum Erlaffe eines Prefsgefetzes, welchem zufolge jedem Journale ein verant-
wortlicher Redacteur sorfehen mufste, welcher das 25. Lebensjahr erreicht, feine
Univerfitätsftudien zurückgelegt und eine Caution von 5000 Drachmen geleiftet
hat. Im Jahre 1843 wurde wieder unumfchränkte Prefsfreiheit eingeführt. Die
Zahl der Journale nahm alsdann ungemein zu, allein diefelben liefsen fich fo
fchonungslos über die Privatverhältniffe der ierlche Gefellfchaft wie des
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