hl
Gruppe XI.
Von übersteigender Dedeutung wird der Bilderhandel und tritt Wien
nach dieser Richtung hin immer mehr und mehr massgebender für den
Welthandel auf. Im Jahre 1870 betrug -der Import von .Bildern auf
Papier allein 1695 Zollcentner bei einer Ausfuhr von 795.Zollcentnern.
In Betreff der Zeitungen und Kalender ist Oesterreich wol einer
der grössten Producenten und Consumenten. Niederösterreich allein hatte
im Jahre 1870 213 Zeitungen und sind davon mehr als 80 Millionen
Exemplare aufgelegt worden, gegen 1860 eine Zunahme von mehr als
300 Percent. Die Zahl der erzeugten Kalender betrug im Jahre 1870
fast 1 Million Stück.
Die Kupferdruckerei ist gegenüber der Concurrenz der Lithographie
und Xylographie in Abnahme begriffen und hat selbst die an der kaiserl.
Akademie der bildenden Künste errichtete Kupferstecherschule und die
von der Staatsverwaltung verliehenen Dotationen für Kupferstiche an
einzelne hervorragende Künstler wenig Früchte getragen. Ganz andere
Verhältnisse zeigt die Steingruckerei und Xylographie. Beide sind in den
letzten Jahren hoch entwickelt worden. Die Steindruckerei in ihrem
Zweige der Chromo-Lithographie hat sich zur vollen Concurrenzfähigkeib
mit dem Auslande aufgeschwungen und geniesst im In- wie im Auslande
sehr günstige Absatzverhältnisse. Es haben sich in dieser Richtung grosse
Actien-Geselischaften gebildet, die selbst zu Ausführung ihrer feinen
Drucksorten die Lithographie benützen. Die Holzschneidekunst bat durch
die zahlreichen illustrirten Journale, wie durch den grossen Verlag tech-
nischer und medicinischer Werke in Oesterreich eine grosse Entwicklung
und Beschäftigung gefunden ; sie wird erst seit den letzten Jahren durch
die Hochätzungen auf Zink, welche Methode rascher und billiger ist,
etwas beeinträchtigt.
Die Photographie ist seit Langem in Oesterreich bedeutend und
haben die Kriegscreignisse des Jahres 1870 gleichfalls hier bedeutende
Einwirkungen ausgeübt. Zahlreiche Arbeitskräfte wurden ihr entzogen,
der Handel wurde gestört, der Fremdenverkehr, besonders in den grösseren
Städten, unterbrochen. Dennoch ist die Photographie, besonders die künst-
lerisch geartete, in steigender Prosperität und leidet dieselbe nur Mangel
an tüchtigen Operateuren und Retoucheuren. Die gesammte österreichische
Photographie hat sich von jeher der Porträt-Erzeugung zugewendet und
ist die Landschafts- und Reproduetions-Photographie wenig bedeutend.
In letzter Beziehung fehlt uns noch wie Deutschland die Ausbildung eines
umfassenden artistischen Eigenthumsrechtes. Betreffs der Specialitäten
nimmt die Vergrösserungs-Photographie seit der von Dr. van Moackhofen
mit Erfolg eingeführten Verbesserung in der Anwendung des künstlicken
Lichtes, des Hydro-Oxygengas-Lichtes, eine bedeutende Stelle ein. Die