2 Anton Harpke.
Befitzer jener Etabliffements felbft dahin gedrängt, die Hand durch die Mafchine
zu erfetzen, wo es nur eben thunlich if.
Von den allgemeinen Bemerkungen zur Befprechung des Einzelnen über-
;ehend. fei noch erwähnt, dafs in vielen Fällen die Ausftellungen kein richtiges
sild vom wirklichen Stande der betreffenden Induftrie geben. Oftzeigenfie wefent-
che Lücken, oft künftliche Uebertreibungen. Als erfreuliches Zeichen des rich-
tigen Verftändniffes zeigte fich in den hier zu befprechenden Induftriezweigen das
faft ausnahmslofe Enthalten von jeder Kunftffück-Macherei, einer Verfuchung, die
gerade in der Weberei fehr nahe liegt. Die Lücken gehen natürlich theilweife
mit in den Bericht über — denn über Nichtvorhandenes zu berichten, ift wohl
nicht Aufgabe diefer Zeilen.
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Die unter Seide und Seidenwaaren eingereihten verfchiedenen Induftrie-
zweige waren: die Rollfeide (Seidenzucht und Coconsfindin Gruppelleingereiht),
die Verarbeitung der Seidenabfälle zu felbftländigen Gefpinnften (Floretfeide,
Phantafiefeide, Chappe), die Nähseiden-Induftrie, die Seidenfärberei, die eigentliche
Seidenweberei (Stoffe und Bänder mit Ausfchlufs der Pofamenterie), die Appretur.
Seide produciren bereits alle Länder, in deren Klima der Maulbeerbaum
gedeiht; für die grofse Induftrie mafsgebend find jedoch nur die Produdions-
gebiete Südeuropas und Afiens.
Das Productionsgebiet Europas umfafst Norditalien, Südfrankreich, Spanien,
den Süden von Oefterreich-Ungarn, die Türkei, Griechenland und Südrufsland.
Aufserdem erzeugen auch Oefterreichs nördliche Provinzen, Deutfchland
und felbft Schweden Seide. Die Seide.der nördlichen Länder ift fchön und fogar
nerviger als die der füdlichen; die klimatifchen, hauptfächlich aber die Arbeits-
verhältniffe find dort jedoch derart, dafs die Beftrebungen um die Einführung der
Seidenzucht fchwerlich je von hervorragender Bedeutung für die Induftrie Europas
werden dürften.
Die Seide ift in den letzten Jahren beffer geworden, fowohl in Folge des
Nachlaffens der fürchterlichen Raupenkrankheit, als auch in Folge der forgfältigen,
fortgefchrittenen Behandlung bei ihrer“ Verarbeitung. Hierin ging Frankreich
muftergiltig voran und die italienifchen Spinnereien folgten dem Beifpiele, dank
deffen der heutigen Webe-Induftrie vorzügliches Materiale in genügenden Quan-
titäten zur Verfügung fteht.
Die allgemeine Phyfiognomie der europäifchen Seiden ift in Folge der durch
die Raupenkrankheit nothwendig gewordenen Einfuhr japanefifcher Eier bedeutend
verändert. Die fchöne goldgelbe Race mitihrem charakteriftifchen Seidengeruche
ift beinahe zur Seltenheit geworden. Die heutigen Seiden find weifs, grünlich,
bräunlich bis zu den fchmutzigften Nuancen, die gemeiniglich auch als Kenn-
zeichen minderer Qualität zu betrachten find.
Der flärkfte Seidenproducent Europas ift Italien, und in diefem nimmt
die Lombardei den erften Rang ein. Um einen annähernden Begriff von der Grofs-
artigkeit des Umfatzes in Rohfeide zu geben, genügen folgende Ziffern: Die Seiden-
trocknungs-Anftalten Europas conditionirten im Jahre 1872: 91/, Millionen Kilo-
gramme Seide, im Werthe von mehr als einer Milliarde Francs. Hievon find Grege
für Zwirnerei 30%, gezwirnte Seide für Weberei 70%). Die Totalziffer vertheilt
fich auf die einzelnen Länder wie folgt: Italien 4,000.000, Frankreich 4,200.000,
die Schweiz 662.000, Deutfchland 580.000, Wien 150.599 Kilogramme. Hiebei
ift zu bemerken, dafs Wien fowie Deutfchland und die Schweiz grofse Quantitäten
Seide beziehen, die in Italien und Frankreich ftagionirt werden, es find daher die
letztangeführten Zahlen mit der Verbrauchsquote jener Plätze oder Länder nicht
ganz identifch. In obigen Ziffern find die importirten (afiatifchen) Sorten inbe-
griffen, welche mehr als zum Dritttheile daran participiren. An Italien reiht fich
Frankreich unmittelbar an. Oefterreichs Seidenproduction in Südtirol ift nicht
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