Full text: Seide und Seidenwaaren (Heft 6)

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Seide und Seidenwaaren. 
blieb es fogar vorbehalten, durch die wahrhaft claflıfche Erzeugung feiner fchweren 
färbigen Stoffe das abfolut Befte in jenen Artikeln zu bringen. 
Die Bauernartikel und die Artikel für den Orient bewegen fich in fo eng 
gezogenen Grenzen, dafs innerhalb derfelben wenig für Ausftellungsobjecte dank- 
barer Spielraum itt, nichts deftoweniger verdienen jene Artikel als bedeutende 
Specialität des Kaiferftaates volle Beachtung. 
In wahrhaft brillanter Weife fanden wir den kunftgewerblichen Theil der 
öfterreichifchen Seidenweberei vertreten. Unter dem Einfluffe des Mufeums für 
Kunft und Induftrie hat fich die Erzeugung der ftilifirten Möbel und Kirchenftoffe 
zu eminenter Bedeutung emporgefchwungen. Die Leiftungen Wiens in diefer Rich- 
tung find muftergiltig, und zeigt ein Vergleich mit früheren Epochen einen ftaunens- 
werthen Fortfchritt. 
Der Hauptfitz der öfterreichifchen Seidenweberei ift Wien, doch dürfte die 
Mehrzahl der Etabliffements bald nur mehr die commercielle und technifche Ver- 
tretung in diefer Stadt haben, nachdem die Arbeits-, Mieth- und andere Verhält- 
niffe die Entfernung der Fabriken aus dem Weichbilde der Hauptftadt dringend 
erfordern. 
Aufser der Wiener Gruppe beftehen noch in den übrigen Ländern der 
Monarchie einzelne felbftftändige Häufer, und zwar in Böhmen, Mähren, Schlefien 
und Tirol, welche zumeift ganz Tüchtiges in Stoffen, Sammten, Sammtbändernu.f. w. 
leiften. 
Aehnliches, was von der Seidenzeug-Fabrication gefagt wurde, gilt von der 
Bandinduftrie Oefterreichs. Mit Ausnahme des reichen Faconnes finden fich alle 
Arten des Bandes in achtenswerther Weife vertreten, vom fchweren Faillegürtel 
bis zum Grege und Halbfeiden-Band, ebenfo Sammtbänder aller Gattungen und 
faconnirte Waare für den Landbedarf. Vorwiegend werden gegenwärtig die leich- 
teren Artikel erzeugt. Das Syftem der Fabrication ift ausfchliefslich das der 
gefchloffenen Fabriken, die bedeutenderen Etabliffements find — bei verbleibendem 
Sitze der Häufer in Wien — in die Provinzen verlegt, der mechanifche Betrieb ift 
bereits an mehreren Orten in gröfserem Mafse durchgeführt. 
In allen anderen europäifchen und fremden Ländern ift die Seidenweberei 
als nationale Hausinduftrie zu betrachten. Diefs gilt namentlich von Griechen- 
land, der Türkei, Egypten, Marocco, Indien und Perfien. Die ottomanifche 
Regierung unterhält zu Herek& eine Mufterweberei, welche von beftem Einfluffe 
auf die in technifcher Beziehung noch fehr unentwickelte Induftrie jenes Landes 
fein wird. Die von den eben genannten Ländern exponirten Artikel könnten in 
vielen Fällen, von der europäifchen Induftrie mit ihren fortgefchrittenen Hilfs- 
apparaten aufgenommen, Anlafs zur Schaffung eines lohnenden Exportes abgeben. 
Bedeutend unterfchieden von den Leiftungen des weftlichen Afiens heben 
fich die Produkte Chinas und Japans ab. Bieten die Leiftungen Chinas, welches 
zum erften Male in organifch zufammenhängender Weife auf einer Ausftellung 
erfchien, Gelegenheit, in den feit undenklicher Zeit gleichgebliebenen Stand feiner 
Seideninduftrie Einblick zu nehmen, fo war es Japan, welches durch die ungleich 
gröfsere Intelligenz, welche bei Erzeugung der ausgeftellten Gegenftände vor- 
waltete, förmlich überrafchte. Wir fanden hier Leiftungen, welche, an und für fich 
beachtenswerth, in Berückfichtigung der primitiven Hilfsmittel, mit denen fie zu 
Stande gebracht, geradezu ftaunenswerth genannt werden müffen. 
Fagonnirte Stoffe von wirklicher Schönheit, zweirechtige Atlaffe, Sammte, 
glatt und golddurchwirkt, Kreppe in den intereffanteften Varietäten, glatte und 
geftreifte Taffte, Gewebe nach Art der Gobelins, Gazen, Bänder — kurz alle 
Gebiete der Weberei waren hier vertreten und nicht als Curiosa, fondern unver- 
kennbar den Stempel der Induftrie tragend. 
Eine ganz eigenthümliche Technik der japanefifchen Weberei befteht in 
der Verwendung des Papieres, haarfein gefchnitten, als Eintrag (Brofchirung). Das 
Papier kommt in ihren Stoffen vergoldet, verfilbert, oxydirt und färbig lackirt vor; 
  
  
  
  
    
  
  
 
	        
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