FERTIGE-KLEEIDER.
(Gruppe V, Section 7.)
ERAUENKLEIDER- UNDE- LO STUME
Bericht von
EGNKZUORTMANN
Modewaarenhändler in Wien.
Die Lebensbedürfniffe der Menfchen find höchft mannigfaltiger Art und
es ift gewifs, dafs je höher die Gefittung und der Wohlftand fteigt, in defto aus-
gedehnterem Mafse fich diefelben mehren und vervielfältigen.
Unter diefen Bedürfnifsen aber ift eines, an welchem die Menfchen wohl
die zahlreichften Verfchiedenheiten und Abweichungen an den Tag legen, und
das von ihnen vielen und rafch wechfelnden Veränderungen und Ausbildungen
unterzogen wird, wie kein anderes. Es ift diefs das Kleid und die Art und Weife
der Bekleidung.
Nicht genug, dafs fich die Menfchenracen aufser dem Bau der Knochen
und durch die Farbe ihrer Haut unterfcheiden, heben fie fich noch durch die
Verfchiedenheit ihrer Anzüge von einander gewaltig ab, und die Bewohner eines
jeden Himmelsftriches, jedes Landes, ja faft jedes Bezirkes und nicht felten fogar
jedes einzelnen Dorfes kleiden fich nach einem anderen Modus, und unterziehen
diefen Modus abermals einer fteten Umwandlung; aufserdem montirt fich noch
beinahe jeder einzelne Menfch wieder nach feinem eigenen individuellen Ge-
fchmack und fchafft ein reiches wechfelndes Bild des Menfchen und der Kleidung.
Noch niemals trat uns diefe Thatfache greifbarer vor die Augen, als wenn
man bei einer Wanderung durch die Hallen der Wiener Weltausftellung diefem
Gegenftande einige Beachtung fchenkte.
Man fah dort die Trachten und Anzüge faft aller Nationen und Völker, die
durch die Kleider felbft oder durch plaftifche Abbildungen oder durch Gemälde
und Photographien zur Schau ausgeftellt waren.
Man konnte dabei leicht erkennen, dafs die Völker von niederer Cultur-
ftufe die Veränderungen ihrer Anzüge nicht in fo rafch aufeinander folgender
Reihenfolge vornehmen wie diefs die civiliirteren Nationen thun; immerhin aber
konnte man auch bei den Erfteren die gleiche Sucht, wenn auch in einem min-
deren Grade, der Kleiderveränderung wie bei den letzteren fehr leich bemerken.
Und gehen wir auf diefe Frage noch etwas nnäherein, fo fehen wir, dafs es die fchönere
Hälfte des Menfchengefchlechtes, dafs es die Frauen find, die den gröfseren Theil
diefer Wechfelfucht befitzen. Sie find es auch, die hierin weitaus mehr Phantafie
entfatten und ihre Körperformen durch immerwährend veränderte und nach ihren
Begriffen ftets vortheilhaftere Umhüllungen zu verfchönern trachten.
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