Full text: Fertige Kleider (Heft 20)

   
    
GAMASECHEN. 
Bericht von 
FTSE RP MI SO 2 T1 
Wenn man in den der Kunft gewidmeten Räumen unferer Ausftellung die 
Meifterwerke der Malerei und Sculptur befichtigte, und fich das Studium einzelner 
Theile zur Aufgabe gemacht hatte, fo wunderte man fich über die bei den hiftorifchen 
Gemälden zur Anfchauung gebrachte Gleichförmigkeit der Fufsbekleidungen, 
welche in der ganzen antiken Zeit andauerte und bis in die neuen Jahrhunderte 
hineinreicht. 
Wir fehen den allgemeinen Gebrauch der aus Holz- oder Lederftücken 
beftehenden, nach verfchiedenen Fufsformen gefchnittenen Sandalen, welche mit 
den dazu gehörigen Binderiemen um Vorfufs und Wadenbein gewunden waren 
ınd meiftens unterhalb der Kniebeuge befeftiget wurden. 
Die Unzulänglichkeit diefer Bekleidungsform, welche weder vor Froft und 
Näffe, noch vor zufälligen Verletzungen fchützte, fondern blofs das ficherere Auf- 
treten ermöglichte, gab Anlafs, dafs in fpäterer Zeit Obertheile an die bisher 
alleinigen Sohlen befeftigt wurden und mit diefer wichtigen Verbefferung eine 
totale Umwandlung der Fufsbekleidung herbeigeführt wurde. 
Erft feit diefer Zeit fanden die vielen Erfindungen und Veränderungen auf 
diefem Gebiete ftatt, welche wie Abfchnitte die verfchiedenen Zeitalter bezeichnen, 
und zu dem jetzigen vervollkomneten Stande des Befchuhung führten. 
Eine der wichtigeren Erfindungen, welche gemacht wurden, um nicht nur 
den Fufs, fondern auch die nunmehr verfeinerte Befchuhung zu fchützen, war 
die Gamafche. 
Die Nützlichkeit diefes Kleidungsftückes ift überall bekannt, es leiftet 
vortreffliche Dienfte, fchützt den Fufs und hält ihn warm, ohne feine Beweglichkeit 
zu hindern. Obfchon die Anfertigung, der Gebrauch, die Reinigung desfelben mit 
mancher Schwierigkeit verbunden ift, welche eine allgemeine Verbreitung des- 
felben hemmen, fo bricht es fich dennoch immer mehr und mehr Bahn. 
In Spanien, Mexico, Griechenland und der Türkei wird die bis zum Knie 
reichende Gamafche getragen, fie bildet einen Theil der nationalen Kleidung, 
und wird in den Erfteren diefer Länder mit feitwärts frei herabhängenden Bändern 
benäht, wodurch der ganzen Tracht ein malerifches Gepräge verliehen wird; in 
den letztgenannten zeichnet fie fich durch glänzenden Aufputz aus. 
In Mitteleuropa kommt fie häufig im Gebrauch und wird in jüngfter Zeit 
auch vom weiblichen Gefchlecht gerne benützt, um fich vor den Nachtheilen der 
Erkältung und Durchnäffung der Füfse zu verwahren, welche Schädlichkeiten, nach 
den Ausfpruche berühmter Aerzte, bei zarteren Organismen oftmals die Urfachen 
hartnäckiger Herz- und Nierenkrankheiten find. 
In den Alpenländern trägt fie der Tourift, um fich vor der Kälte, in den 
Weingegenden der Winzer, um fich vor dem Sonnenbrande, in den fumpfigen 
Maremmen Süditaliens der Jäger, um fich vor den Biffen der Schlangen zu 
fchützen. 
In mehreren Armeen ift fie als Equipirungsftück eingeführt, welches feine 
Tüchtigkeit, namentlich in den Winterfeldzügen oftmals bewährt hat. 
Wirkliche Sehenswürdigkeiten diefes Artikels waren in der griechifchen 
Abtheilung unferer Ausftellung zu finden; fie gehörten zum Coftume der vor- 
nehmen Griechen, waren reich mit Gold verziert und zum Preife von 800 Francs 
das Paar verkäuflich; des befonderen Schnittes wegen verdienten fie die Beachtung 
aller Fachleute. 
  
  
  
  
  
      
   
    
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
    
   
  
    
     
   
    
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
  
 
	        
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