Full text: Die Goldschmiedekunst (Heft 88)

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Schwind’s zum Märchen von den fieben Raben in diefer naturaliftifchen Art zu 
Tafelauffätzen und Gefäfsen verwendet und noch dazu mit allerlei unpaffendem 
Zopfornament verfehen hatte. Dicke Eichbäume mit vergoldetem Laub und 
Vögeln darin tragen Glasfchalen, die wieder mit Rococo-Ornament von vergol- 
detem Silber behängt find ; der Stamm wurzelt in vergoldeter Silberplatte, die 
mit Fruchtkränzen behängt ift und auf drei Voluten als Füfsen ruht. Schon das ift 
finnlos genug; im hohlen Stamm aber oder um denfelben, im Gebüfch und 
Gewächs, das ihn umgibt, gehen im freien Relief die Scenen aus dem Märchen 
vor fich. Man kann wahrlich in der Meinung, etwas Gutes und Grofses zu fchaf- 
fen, nicht weiter irre gehen. 
Indeffen ftehen die deutfchen Arbeiten in diefer Art nicht ifolirt, die eng- 
lifchen treten ihnen faft würdig zur Seite. Es klingt faft unglaublich, dafs die 
erften Namen Englands in ihrem Zweige Elkington und Hancock trotz aller 
nunmehr zwanzigjährigen Reformbeftrebungen in England dennoch es wagen, 
mit dem ganzen Gelichter der Thiergefäfse auf einer Weltausftellung zu erfcheinen, 
und ebenfo mit allen jenen gröfseren Gegenftänden, bei denen fich einfach eine 
Landfchaft oder ein Genrebild tafchenfpielerifch in ein Gefäfs oder einen Tafel- 
auffatz umwandelt. Die Colledtionen, welche beide genannten Firmen zur Aus- 
ftellung gebracht hatten, waren voll davon. 
Glücklicherweife waren das nicht die einzigen Gegenftände, welche die 
englifchen Silberwaaren vertraten. Nicht bloss gab es einen anderen Austteller, 
Shaw & Fisher, derin praktifchem, insbefondere für den Theetifch beftimm- 
tem Geräth faft durchwegs hübfche und elegante Formen zeigte, ohne einem 
beftimmten Stile zu folgen; auch jene grofsen Fabrikanten, insbefondere Elking- 
ton, der feine Stärke in Silber hatte, wie Hancock die feine in Gold- und 
Edelfteinfchmuck, führten jene naturaliftifchen Arbeiten doch nur im Gemifch 
mit anderen und glänzenderen Gegenftänden uns vor Augen. 
Eben diefes Gemifch der Formen und Stilen aber ift wiederum charak- 
teriftifch wie für die ganze neuere englifche Kunftinduftrie, fo insbefondere für 
die Silberarbeiten. Die grofse Ausftellungvon Elkington warein Mufter dafür, 
in der man alle Kunftart vereinigt fah, die auf diefem Gebiete verfucht wird. In 
dem Tafelgeräth, in den grofsen Gewinnftgegenftänden oder Preisftücken für 
Wettrennen und Preisfchiefsen fah man neben dem Naturalismus zahlreich grie- 
chifche Motive, andere Beifpiele in den Formen des Rococo oder Louis XV, 
andere und mitunter fehr tüchtige Arbeiten, wie Vafen oder figurenreiche Scha- 
len in der Weife der Renaiffance, andere mit indifchen oder felbft chinefifchen 
Motiven, letzteres namentlich in dem Falle, wenn Email zur Ornamentation 
hinzutrat. 
Ebenfo konnte man in der Bildung und Zeichnung der Figuren, in der 
Behandlung des Reliefs verfchiedene Manieren unterfcheiden, davon namentlich 
die eine, fchwerer und fteifer, englifchen Urfprung verräth, die andere mit mehr 
Leichtigkeit und Grazie allerdings auch nicht ohne eine gewiffe Manierirtheit 
gar fehr an franzöfifchen Einflufs erinnert. Und diefes letztere ift nicht ohne 
beflimmten Grund, denn als die Engländer ihre Schwäche in Sachen des Ge- 
fchmacks erkannten, haben fie zu ihren anderen Bemühungen auch franzöfifche 
Künftler herüberkommen laffen und fich ihrer bedient. So glänzte insbefondere 
Elkington fchon auf früheren Ausftellungen mit figurenreichen Arbeiten des 
bekannten Vechte und diefsmal waren es die Arbeiten eines anderen Franzofen, 
Morel-Ladeuil, welche fich vor den übrigen fowohl durch ihre eigenthümliche 
Phyfiognomie, wie durch gröfsere Feinheit in Erfindung und Durchführung aus- 
zeichneten. 
Dadurch haben die gröfseren künftlerifchen Leiftungen in der Expofition 
Elkington’s, die bedeutenderen Preisftücke und Tafelauffätze einen doppelten 
Charakter erhalten. Bei den einen befteht die Löfung in einer denkmalartigen 
Darftellung; es ift geradezu ein im Grofsen gedachtes Monument mit Hauptfigur
	        
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