Silberarbeiten. 17
gemacht vondem gewöhnlichften Tifch- und Theegeräth bis zu Kannen und Scha-
len, Vafen und Girandolen.
Es zeigte fich aber doch, dafs man verfchiedentlich und zumal bei bevor-
zugten künftlerifchen Arbeiten in zweierlei Weife daran Anftofs genommen hatte.
Einmal waren es die Modelleure und Cifeleure, welche fich fagen mufsten, dafs
ihre Arbeit, das Relief, fei es nun figürlich oder ornamental, in der natürlichen
Erfcheinung des Silbers nicht zur Wirkung gelangt; dafs das Relief fchon den
gewöhnlichen Glanz des Silbers nicht verträgt, wieviel weniger die Polirung.
Andererfeits aber war man mit der Farbe des Silbers nicht zufrieden, weil fie
zu wenig Effect zeigte, zu wenig coloriftifche Reize bot. Die Einen fuchten alfo,
um die Modellirung klarer zu machen, den Glanz des Silbers zu brechen und
gänzlich zu befeitigen; die Anderen fügten neuen Reiz durch Vergoldung hinzu,
während jene fich zu ihrem Zwecke des Mittels der Oxydirung bedienten.
Diefe zwei Richtungen oder Wege traten bei den bedeutenderen künft-
lerifchen Arbeiten klar hervor, und zwar im Ganzen fo, dafs jene, die Oxydirung,
vorzugsweife in Oefterreich befolgt wurde, die andere, die Vergoldung, mehr in
Deutfchland, wenigftens in den Hauptorten wie: Berlin, Nürnberg, München.
Frankreich fchlug einen Mittelweg ein; die kleineren Staaten, wie Dänemark und
Holland, begnügten fich bei ihren denkmalartigen Aufgaben, deren wir oben
gedacht haben, mit der Mattirung, während England, wie es für dasfelbe heute
charakteriftifch ift, diefe und andere Weifen in buntem Gemifch ange-
wendet hatte.
Die Oxydirung hat den Nachtheil, dafs fie das Silber in feiner Wefenheit
tödtet, dasfelbe grau, ftumpf, bleiern und fchwer macht. Es gibt zwar verfchie-
dene Mittelftufen vom lichten Grau bis faft zum Schwarzen, und diefe Mittelftufen
zeigten fich auch in verfchiedener Anwendung bei den öfterreichifchen Arbeiten,
aber fie alle hatten dem gleichen und gemeinfamen Fehler nicht entgehen kön-
nen. Das Silber mufs blank fein bis zu einem gewiffen Grade, fonft hört es auf.
Edelmetall zu fein; die verfchiedenen künftlerifchen Anfchauungen, die male-
rifche und die plaftifche, müffen einen Ausgleich eingehen. Man darf die eine
nicht wegen der anderen opfern. Am weiteften in der Oxydirung war in der
öfterreichifchen Abtheilung der Tafelfchmuck bei Granichftädten gegangen.
Derjenige unter den Oefterreichern, welcher noch am meiften von der Vergol-
dung Gebrauch gemacht hatte, war Klinkofch.
In früheren Zeiten hatten die grofsen Berliner Silberfabrikanten ebenfalls
alle Gegenftände unvergoldet gelaffen und bei ihren gröfseren plaftifchen Auf-
gaben fich mit der einfachen Mattirung begnügt. Das war diefsmal. nicht mehr
der Fall. Alle die denkmalartigen Auffätze, die zur Erinnerung an grofse Män-
ner und grofse Thaten gefchaffen waren, hatten nicht ausfchliefslich, aber reich-
lich von der Vergoldung Gebrauch gemacht und fie contraftirend mit dem Silber
in Wirkung gefetzt, ungefähr fo, wie es auf den jetzt in Berlin befindlichen anti-
ken Gefäfsen des Hildesheimer Fundes gefchehen ift. Und wie bei diefen, wo
die Zeit fchon mitgewirkt haben mag, war auch die Vergoldung fehr matt und
fchwach, man möchte fagen, noch zaghaft gehalten. Kräftiger, aber auch nur in
theilweifer Anwendung zur Erhöhung des malerifchen Gefammteffectes zeigte
fich die Vergoldung bei den oben erwähnten Nürnberger Arbeiten, die ‘nach
Kreling und Wanderer aus dem Atelier von Winter hervorgegangen find.
Wir können nicht umhin, in diefem Vorgehen einen Fortfchritt anzu-
erkennen. Nach dem Beifpiele vergangener Kunftzeiten müffen wir es für berech-
tigt und wünfchenswerth erachten, wenn bei den Silberarbeiten von der Vergol-
dung ein weitaus reichlicherer und entfchiedenerer Gebrauch gemacht wird, als
gegenwärtig gefchieht. Wir fagen das mit ganz befonderer Rückficht auf die
öfterreichifchen Leiftungen, welche, wie wir anerkannt haben, ausgefprochene
Verdienfte hatten, aber die malerifche oder coloriftifche Seite der Goldfchmiede-
kunft viel zu fehr aufser Acht liefsen.
2