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Schmuckarbeiten in Gold und Silber. 29
die Art der Zeichnung in den Ornamenten keineswegs genügte; ebenfo rechnen
wir dahin namentlich bei der erfteren Firma emaillirten und incruftirten
Schmuck. Vor allem gehört hierher die Imitation des alten ungarifchen Schmuckes
mit Steinen, Perlen und Email, fo dafs der Effedt ein durchaus farbiger ift. In
Wahrheit ift diefe Manier eine Tradition der Renaiffance und ihres Schmuckes,
die fich bei dem ungarifchen Coftüm erhalten hat, heute erneuerten Beifall findet
und von jenem befchränkten nationalen Gebiete auf ein allgemeineres Feld über-
geht. Die Fabrikanten diefes Schmuckes find in Wien, wie die bereits genannte
Firma von H. Ratzersdorfer oder zugleich in Peft anfäffig, wie die Gebrü-
der Egger. Man fah daher diefen Schmuck in der öfterreichifchen wie auch in
der ungarifchen Abtheilung. Ein befonders fchönes Beifpiel von reicherer Art
(Eigenthum des Grafen Edm. Zichy) hatte E. Biedermann in Wien zur Aus-
ftellung gebracht. Einer der Wiener Goldfchmiede, Hermann Böhm, hatte aber
auch eine exceffive Anwendung diefer Manier gemacht, indem er einen kolof-
falen runden Schild und eine grofse Axt nach ungarifcher Art in überaus reicher
Weife damit überzog, fo reich, dafs die Gegenftände felbft als Prunkftücke finn-
los waren und kein Vergnügen übrig blieb, als die Freude an der guten Arbeit
des Details.
Auch die dänifchen Schmuckarbeiten verbanden wie die öfterreichi-
fchen nationale Elemente mit ganz modernen und fuchten jene für denmodifchen
Gebrauch zu verwerthen. In diefer gemifchten Art bot die Schmuckcolledtion des
fchon genannten Kopenhagener Silberfabrikanten Chriftefen nicht geringes
Intereffe. Es fanden fich in derfelben vortreffliche Imitationen antiken Schmuckes,
welche wohl den italienifchen am nächften kamen und andere Goldarbeiten von
Armbändern, Ohrgehängen, Hals- und Bruftfchmuck, welche altnordifche mit
Glück zu modernifiren trachteten. Beide Arten machten fehr guten Eindruck,
nur leider war diefer Eindruck durch eine Collection des gewöhnlichften
Schmuckes im Schnallen- und Manfchettenftil wieder gefchädigt.
Ein ähnliches Beftreben, nordifche Schmuckelemente zu modernifiren und
für den allgemeinen Gebrauch zu verwerthen, fah man in der norwegifchen
Ausftellung bei einem Goldfchmied von Chriftiania, Toftrup. Norwegen gehört
zu den Ländern, wo fich im Bauernfchmuck das Silberfiligran feit Jahrhunderten
erhaltenhat. Die Motive desfelben, Rofetten, Knöpfe, bandartige Filigranver-
fchlingungen in frühmittelalterlicher Weife, dazu kleine klirrende Anhängfel mit
Kettchen, verwendet Toftrup zu Diademen und anderem Kopffchmuck, zu Ohr-
gehängen, Halsbändern, Brochen, Ketten und Kreuzen, verbeffert und filifirt die
Zeichnung und fchafft fo manch’ reizendes effectvolles Stück, das oft in feiner
Präcifion antiken Eindruck macht. Auch andere Artikel, wie Schalen, Leuchter,
Körbe, die wir hieraber unberückfichtigt laffen, macht derfelbe Fabrikant aus
Filigran.
Das gleiche Gemifch, wie es bei dem Dänen Chriftefen zu fehen war, das
Gemifch des modernften Schmuckes der verwerflichften Art mit wahrhaft reizen-
den Gegenftänden, konnte man auch in der Schmuckausftellung Rufslands
wahrnehmen. Aber dasjenige, was wir hier das Reizende nennen, bewegte fich
nicht in antiken Formen, fondern in einem fehr farbigen Genre und zum Theil
auch in den Motiven der ornamentalen Holzarchitektur, die wir fchon bei den
gröfseren Silberarbeiten Rufslands näher befprochen haben. Diefe Arbeiten,
deren man zahlreiche Beifpiele in den Colledtionen von W. Adler und Otto
Krumbügelin Moskau fah, durch ihr reizendes Email im Allgemeinen von
höchft gefälligem Eindruck, litten doch an den fteifen Formen der Original-
motive, die fich hier im gefchmeidigen Golde faft noch mehr bemerklichmachten,
wie bei den Silberarbeiten. Bei weitem fchöner und anmuthiger war ein anderes
Genre von Bijouterie bei Tfchitfcheleff, Goldarbeiter und Juwelier in Mos-
kau: Schmuckgegenftände aus kleinen verfchlungenen Goldbändern, die zierlich
durch einander laufen, alles farbig emaillirt mit Perlen, Diamanten und farbigen