Full text: Chemie der organischen Farbstoffe

    
     
   
    
  
  
   
     
   
    
   
   
   
    
      
   
    
   
  
  
  
  
   
   
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Allgemeiner Teil. 
Einleitung. 
Seitdem die Menschen sich der Webstoffe bedienen, ist auch ihr 
Interesse an Farbstoffen nachweisbar, um den von Natur unansehn- 
lichen Geweben eine Färbung zu verleihen und sie dadurch zu ver- 
schönern. Sicher liegt diesem Wunsche eine triebmäßige Nachahmung 
der Natur zugrunde, welchedurch die Farbenprachtin Tier- und Pflanzen- 
welt dem Menschen ein anfeuerndes Beispiel gibt. So mag die Freude 
an Farbe entstanden sein, die sich ursprünglich in einfachster Weise 
durch Bemalung von Gegenständen jeder Art äußerte, ja bis zur Täto- 
wierung des eigenen Körpers verstieg. 
Um diesem Triebe gerecht zu werden, haben die alten Völker mit 
großem Aufwand von Scharfsinn und Geduld, neben der Verwendung 
von Mineralfarbstoffen, Pflanzen aufgesucht, deren Säfte Farbstoffe 
für die verschiedensten Zwecke liefern konnten. Ein weiterer Schritt 
war dann der Anbau solcher Pflanzen, welche.als Träger wertvoller 
Farbstoffe erkannt worden waren. So ist uns zuverlässig bekannt, 
daß die Indigo- wie die Krappflanze schon im frühen Altertum an- 
gepflanzt wurden. Und wieviel Geist und Beobachtungsgabe tritt 
erst bei der färberischen Verwendung der Purpurschnecke zutage, die 
den Purpurfarbstoff lieferte, welcher in bezug auf Preis und Ansehen ein 
Vorbehaltsgut der Vornehmen und Reichen war. 
Noch während des ganzen Mittelalters war man auf die Pflanzen 
als Farbstofferzeuger angewiesen. Erst mußte auf den Trümmern der 
Alchemie die Wissenschaft Chemie erstehen, mußte der Vorstellung 
von der vis vitalis, die zur Bildung ‚organischer‘ Verbindungen nach 
Ansicht der Chemiker am Beginne des 19. Jahrhunderts noch erforder- 
lich war, durch Wöhler ein Ende bereitet sein, ehe sich die organische 
Chemie als Grundlage jeder Farbstoffsynthese entwickeln konnte. 
Hier setzte dann die wissenschaftliche Bearbeitung der natürlichen 
Farbstoffe ein, aus ihnen entstanden Abbauprodukte verschiedenster 
Art, in welchen man erstmals Verbindungen der aromatischen Reihe 
kennen lernte. Mit dem Jahre 1856, dem Zeitpunkte der ersten Dar- 
stellung eines Teerfarbstoftes, des Mauveins, hebt ein neues 
Zeitalter an. Bildungsbedingungen und Zusammensetzung der Farb- 
stoffe wurden erforscht, und die Entwicklung brandet in den zwei 
großen Marksteinen unserer Zeit, dem Alizarin und dem synthe- 
tischen Indigo. Es erweist sich, daß Gesetze für die Zusammensetzung 
einer Verbindung, die Farbstoffnatur besitzt, ableitbar sind. 
Mayer, Farbstoffe, 1 
 
	        
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