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Konstitution. 139
erzielte man auf ungebeizter Baumwolle echte braune und graue Fär-
bungen von sehr billigem Preise. Im Jahre 1887 wurde dann von Green
das Primulin entdeckt, welches durch Erhitzen von p-Toluidin mit
Schwefel auf hohe Temperatur entsteht, eine bereits früher von Merz
und Weith, wie auch von Dahl &Co. studierte Reaktion. 1893
griff Vidal auf die Cachou de Laval-Farbstoffe zurück, indem er reine
Benzol- und Naphthalinabkömmlinge mit Schwefel und Schwefelalkali
verschmolz. Er erkannte die große Tragweite seiner Erfindung, auch
seine Versuche die Konstitution der Verbindungen zu erklären, sind
wohl im wesentlichen als gelungen zu bezeichnen, Nach seinen Angaben
ließen sich braune, gelbbraune und schwarzbraune Färbungen herstellen.
Bei der nunmehr einsetzenden geradezu fieberhaften Tätigkeit
wurde im Laufe der Jahre so ziemlich jeder zugängliche organische
Stoff der Schwefelschmelze unterworfen.
Vidal zeigte ferner, daß man aus Aminophenolen und Dinitro-
phenolen schwarze Farbstoffe erhalten-kann. Im Jahre 1897 wurde
zum ersten Male ein Diphenylaminderivat zur Herstellung von Schwarz
[Immedialschwarz (C)] verwandt, ihm folgten die blauen Schwefel-
farbstoffe und mit dem Jahre 1900 wurden erstmalig Chinonimine
[Immedialreinblau (C)] als Ausgangsstoffe benutzt; sie haben seitdem
ihren unbestrittenen Platz behaupten können. Auch die Methoden
waren inzwischen fortgeschritten. Von der einfachen Schwefelung
ausgehend lernte man die Verfahren unter Anwendung geeigneter
Lösungsmittel kennen, ferner die Anwendung von Druckschmelzen.
Rötlichere Farbstoffe konnten erst erhalten werden, als man Azin-
farbstoffe schwefelte, rein gelbe mit dem Jahre 1903 durch Schwefe-
lung von m-Diaminen. In neuester Zeit wurde durch Verschmelzen von
Carbazolchinoniminen das Hydronblau hergestellt, welches an Echt-
heit dem Indigo den Rang abläuft.
Konstitution. Wie aus dem vorstehenden schon ersichtlich, lassen
sich bei der Art der Darstellung der Schwefelfarbstoffe, nämlich einer
recht brutalen Einwirkung von Polysulfiden auf. die verschiedensten
organischen Verbindungen und bei den physikalischen Eigenschaften
der Schwefelfarbstoffe weder experimentell ganz sicher bewiesene For-
meln für die einzelnen Klassen, geschweige denn eine bestimmte Formel
für jeden einzelnen Farbstoff aufstellen. Immerhin ist das Dunkel,
das lange Zeit über die Konstitution der Schwefelfarbstoffe herrschte,
ein wenig gelichtet, so daß mit einiger Bestimmtheit behauptet werden
darf, daß die meisten Schwefelfarbstoffe entweder Thiazin- oder Thiazol-
ringe enthalten, möglicherweise manche auch beiden Klassen an-
gehören.
Der nächstliegende Gedanke wäre, die Einfügung einer oder mehrerer
Sulfhydrylgruppen (SH) in den der Sulfidschmelze unterworfenen
Kern allein in Betracht zu ziehen. Das Vorhandensein dieser Gruppe
ohne starken Chromophor kann jedoch nicht genügen, um die Bildung
von so stark gefärbten Verbindungen wie auch ihre Beständigkeit zu
erklären.