Full text: Chemie der organischen Farbstoffe

   
18 Allgemeiner Teil. 
Die Farbstoffe werden ferner, abgesehen von ihrer Verwendung 
zum Zwecke der Färbung von Wolle, Baumwolle und Seide, auch als 
Anstrich-, Buch- und Steindruckfarben, endlich zum Färben von Leder, 
Holz, Papier, Kunstseide und anderen Faserstoffen jeder Art, wie auch für 
Nahrungsmittel, Tinte, Schuhereme usf. in weitestgehendem Maßstabe 
angewandt. : Über die Eignung bestimmter Farbstoffe für solche Zwecke 
wird bei der Besprechung der einzelnen Farbstofiklassen näheres zu 
sagen sein. 
Die deutsche Farbstoffindustrie. 
Die Gründung der deutschen Fabriken fällt in die Jahre um 1860, 
noch auf der Londoner Weltausstellung von 1862 waren unter 13 Preis- 
trägern 8 englische und französische Firmen. Um diese Zeit wurden 
in Deutschland fabrikatorische Versuche gemacht, aber die Wiege dieser 
Industrie stand in England und Frankreich. Die weiteren Erfolge sind 
aber fast ausschließlich nicht nur von deutschen Forschern geleistet, 
sondern auch von den deutschen Teerfarbenfabriken ausgebeutet 
worden. Die Gründe, weshalb bis vor dem Weltkriege die deutsche Teer- 
farbenindustrie eine unbestrittene Machtstellung am Weltmarkt einnahm, 
liegen darin, daß die chemische Forschung in Deutschland rechtzeitig 
die wissenschaftliche Bearbeitung der Chemie der Farbstoffe in Angriff 
nahm und sich durch eine enge Verbindung zu den Fabriken, welche 
in großzügigster Weise selbst wieder für wissenschaftliche Arbeits- 
stätten im eigenen Hause sorgten, stets neue Befruchtung zuführte 
und heute noch zuführt. Bleibt auch manche wertvolle Einzelheit, 
die in den Fabriken gefunden wird, unveröffentlicht, so ist doch jede 
Bedeutung besitzende Entdeckung im Verein mit Forschern von Ruf 
aufgeklärt und in ihrem Wesen erfaßt worden. Der Vorsprung, welcher 
auf diese Weise erzielt worden ist, ward durch eine glänzende Fabriks- 
gliederung und eine kaufmännische Vertretung gesichert, welche ihre 
Fäden über die ganze Welt spann. 
Als weiterer Gesichtspunkt kommt die hervorragende Eignung des 
deutschen Arbeiters mit seinem Gehorsam, seiner Pünktlichkeit und 
seinem Pflichtbewußtsein, Eigenschaften, welche durch die allgemeine 
Wehrpflicht entwickelt wurden, in Betracht. 
Nicht wenig hat zu diesen Erfolgen aber auch die zweckmäßige 
deutsche Patentgesetzgebung beigetragen, welche für chemische Erzeug- 
nisse nur ein Verfahrens-, kein Stoffpatent kennt, so daß nicht durch einen 
engherzigen Schutz auf einen Stoff die ganze Forschung auf Verbesserung 
von Darstellungsmethoden lahmgelegt ist. Die wichtigsten deutschen 
Fabriken!) sind: 
Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation in Berlin 
(88 Millionen Mario), 26, ER LA) 
Badische Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen 
(252 Millonen Merl... WW. 0. (B) 
!) Umfassende Zusamm enstellung aller Fabriken in Schultz ‚Farbstofftabellen. 
°) Ii Klammern ist das Aktienkapital angegeben. 
    
     
    
   
     
   
    
   
   
  
   
  
    
    
   
  
   
  
   
  
   
   
  
  
  
  
   
     
    
   
   
  
   
   
   
  
  
   
    
    
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