154 Anthrachinonfarbstoffe.
erbracht worden. Clar! nimmt auf Grund eingehender Betrachtung
an, daß unter den Zustandsformen des Anthracens auch diejenige eines
Diyls sei. So scheint es nicht möglich, mit einer einzigen Formel alle
Eigenschaften des Anthracens zu erklären?.
Zur Gewinnung von Anthracen kommt sein Vorkommen in den
hochsiedenden Teilen des Steinkohlenteers in Betracht. Man preßt zu
diesem Zwecke die Fraktion 270—-400° scharf ab, und behandelt den
Preßrückstand mit Lösungsmitteln wie Lösungsbenzol, Pyridin oder
Aceton u.a., um Beimengungen (Carbazol und auch Phenanthren)
herauszulösen oder entfernt die Beimengungen durch Überführung in
andere Verbindungen, deren Trennung von Anthracen leichter ist;
z.B. kann Carbazol als Kaliumsalz abgeschieden werden.
Das so gereinigte Anthracen ist mindestens 80—90% und findet in
diesem Zustande zur Anthrachinondarstellung Verwendung.
om Anthrachinon. Das Anthracen ist der Oxydation
| leicht zugänglich. Die wichtigste Verbindung, welche man
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De BG NS dabei erhält, ist das Anthrachinon (I), bei welchem an
or ae ; Stelle der zwei Wasserstoffatome des Anthracens in Meso-
& stellung je 1 Sauerstoffatom unter Änderung der Bindungs-
verhältnisse tritt. Die Zwischenstufen, welche bei der
Oxydation von Anthracen zu Anthrachinon denkbar, sind fast alle
bekannt. Wichtig für die Farbstoffehemie sind von ihnen das An-
Enolform (II) Ketoform thrahydrochinon? (II), welches aus An-
OH H OH thrachinon mit Zinkstaub und Alkali,
| No oh en “USER rt alı
ES BES einfacher mit Hydrosulfit und Alkali
| oder I | entsteht. Verbindungen solcher Kon-
RIND NYN/N/ stitution sind in den Reduktionsproduk-
| . ..
öH Ö ten der Anthrachinonküpenfarbstoffe
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Anthrahydro- land enthalten. Ferner lassen sich Nalze deı
chinon Ester dieser Verbindungen mit z. B.
Schwefelsäure (Indigosole) darstellen, welche für Färbe- und Druck-
zwecke weitgehende Verwendung finden‘. Das vom Anthrahydro-
chinon selbst sich ableitende Derivat hat die Formel (III) und ent-
steht z. B. durch Reduktion von Anthrachinon in Pyridinlösung mit
Metallen (Cu oder Zn) bei Gegenwart von Chlorsulfonsäure® und
Verwandlung des Pyridinsalzes in das Natriumsalz.
Das Anthranol (Enol-
(III) he (IV) " (V) N en form) (IV) oder Anthron (V)
eV US LH SENSE \ 2 /N (Ketoform) und seine Ab-
| | Di | | kömmlinge werden aus An-
Bar Dr NN/NS/ thrachinon und seinen Sub-
0—S0,Na OH Ö stitutionsprodukten durch
! Clar, John: Ber. dtsch. chem. Ges. 63, 2967 (1930). — Clar: Ber. dtsch.
chem. Ges. 64, 1676, 2194 (1931). — ? Vgl. hierzu die Ansicht Willstätters
über die Naphthalinformel: Willstätter, King: Ber. dtsch. chem. Ges. 46, 527
(1913). — Willstätter, Seitz: Ber. dtsch. chem. Ges. 56, 1407 (1923). —
® Reduktionsprodukte des Anthrachinons, vgl. z. B. K.H. Meyer: Liebigs Ann.
379, 37 (1910). — ? Näheres über die Indigosole im Abschnitt „Indigoide Fart-
stoffe“. — ° DRP. 473471 (I.G.) Fradl. 16, 1200.