Full text: Künstliche organische Farbstoffe (1. Band)

  
  
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8 Einleitung. 
Schwierigkeit, sobald versucht wird, das Auftreten von Absorptions- 
banden mit der chemischen Konstitution in eine klare Beziehung zu 
bringen. Schon über das Wesen der Valenz wie auch der Doppel- 
bindungen ist keine allgemein. verwertbare Vorstellung vorhanden, wenn 
auch zu hoffen steht, daß mit der fortschreitenden Einsicht in den Bau 
des Atoms auch diese Fragen völlig gelöst werden. 
Was nämlich den atomistischen Vorgang bei der Absorption betrifft, 
so sind bei dem heutigen Stande der Forschung nur wenig bestimmte 
Vorstellungen möglich. Die ältere klassische Elektrodynamik bzw. 
Elektronentheorie ging von der Vorstellung aus, daß im Inneren der 
Moleküle gewisse elektrisch geladene und schwingungsfähige Bestand- 
teile vorhanden seien, welche durch die elektrischen Kräfte der ein- 
dringenden Lichtwellen in Schwingungen versetzt werden. Diese 
Schwingungen werden um so stärker, je genauer die Frequenz des 
Lichtes mit der Eigenfrequenz dieser Bestandteile übereinstimmt. 
Nimmt man ferner an, daß eine Dämpfung (Reibungskraft) vorhanden 
ist, so werden in verstärktem Maße auch die Nachbarfrequenzen absor- 
biert. Die Hauptabsorptionsstellen werden daher bei den Eigen- 
frequenzen der genannten Bestandteile liegen. Man erkennt leicht, 
daß eine Verschiebung der Absorptionsgebiete nach Rot dann ein- 
treten muß, wenn die schwingungsfähigen Bestandteile stärker belastet 
werden, andererseits führt eine schwächere Bindung ebenfalls zu lang- 
welligeren Absorptionsstellen als eine stärkere Bindung. 
Nach den neueren Anschauungen der Physik (Quantentheorie und 
Wellenmechanik) ist dieses einfache Bild im Grunde nicht mehr zu- 
lässig. Nach dieser Theorie nimmt man an, daß die Moleküle sich in 
einer großen, aber diskreten Zahl von Zuständen verschiedener Energie 
befinden können und daß der Absorptionsvorgang darin besteht, daß 
Übergänge solcher Zustände ineinander unter der Wirkung des Lichtes 
stattfinden. Die Frequenz des Lichtes soll dann proportional der 
Energiedifferenz der dabei umgewandelten Zustände sein. Da man 
gegenwärtig durchaus nicht in der Lage ist, bei Molekülen verwickelterer 
Bauart Bestimmtes über diese Zustände auszusagen, scheint eine 
Beschränkung auf das Zusammentragen allgemeiner chemischer Er- 
fahrungstatsachen geboten. 
Nach den Ergebnissen der Theorie der Absorption kann man auf 
jeden Fall für die quantitative Seite der Erscheinung sagen, daß das 
alte Bild der klassischen Elektronentheorie, welche durch seine Ein- 
fachheit besticht, sehr häufig mit Erfolg angewandt werden kann. 
Steht somit die Entwicklung zuverlässiger Theorien zwar noch im 
Anfangsstadium, so muß doch anerkannt werden, daß durch die Er- 
weiterung des Begriffes der Farbigkeit im Sinne der Absorption die 
Verständlichkeit der Erscheinungen ungemein gewonnen hat. Es läßt 
sich die Ermittlung der Absorptionsbanden nicht nur heute schon zur 
Kennzeichnung der farbigen Verbindungen verwenden, sondern es ist 
begründete Aussicht, daß sich allmählich von der chemischen Seite 
aus durch quantitative Festlegung der Abhängigkeit der Absorptions- 
banden von der Konstitution der Verbindungen noch vertiefte Gesetz- 
mäßigkeiten begründen lassen. Von der physikalischen Seite aus wird
	        
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