Full text: Künstliche organische Farbstoffe (1. Band)

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Allgemeine Gesichtspunkte. 29 
muß also der Ausgangspunkt für die Darstellung eines Azofarbstoftes 
die Gewinnung einer Diazoverbindung sein. 
Diazoverbindungen. Die Diazoverbindungen bilden daher eine 
äußerst wichtige Klasse von Zwischenprodukten, welche zuerst durch 
P. Griess! (1858) erschlossen worden ist. 
Läßt man auf Salze primärer aromatischer Amine salpetrige Säure 
einwirken, so erhält man unter Wasserabspaltung die Diazoniumverbin- 
dungen, denen mit Rücksicht auf ihre elektrolytische Leitfähigkeit und 
ihr kryoskopisches Ver- ,H,—NH, + HC1+HNO,—C,H;—N—0C14+2H,0 
halten eine ammonium- L 
salzartige Struktur zugeschrieben werden muß. N 
Daher führen diese Verbindungen den Namen Diazoniumsalze. 
Durch Silberoxyd lassen sich aus den Diazoniumsalzen die freien 
Diazoniumhydrate gewinnen, z. B.: C,H,—N—-OH.,. welche sehr un- 
beständig sind. Leicht tritt eine Verschiebung im Sinne von R—N—OH 
nach R-N=N—OH ein. x 
Nach der fast allgemein angenommenen Auffassung von Hantzsch? 
sind diese Umwandlungsprodukte zum Teil stereoisomer und in drei 
Formen möglich: 
   
Die leichte Umwand- ie > OH; \ In ae 
lungsfähigkeit von Di- Na0O—N \—ONa Na 
azotaten in die bestän. Sylt. Andatt sa Sram (ih) 
digen Nitrosamine ist (farblos) a 
von Wichtigkeit, weil 
man von ihr zur Erzeugung von Azofarbstoffen auf der Faser Gebrauch 
macht (s. Azofarbstoffe auf der Faser). 
Gerade die einfachsten Diazoniumverbindungen, z. B. die des Ani- 
lins und Toluidins, sind überaus zersetzlich, während die Beständigkeit 
bei Vorhandensein negativer Substituenten oder mit zunehmender 
Molekülgröße wächst. So ist die Diazoverbindung des p-Nitranilins 
etwas haltbarer, diejenigen von Aminoanthrachinonen sind überaus be- 
ständig. Die Diazoverbindungen von Sulfanilsäure und Naphthionsäure 
sind wohl deshalb fast unbegrenzt haltbar, weil hier innere Anhydrid- 
bildung eintritt. 
Fast immer läßt man die Diazoverbindung für technische Zwecke 
in wässeriger Lösung? entstehen und verarbeitet sie sofort in Lösung 
weiter. Statt gasförmiger salpetriger Säure wendet man stets Natrium- 
nitrit an und man läßt eine Lösung dieses Salzes unter Rühren zu der 
+ Vgl. z.B. Nachruf auf Griess von v. Hofmann, Fischer und Caro: 
Ber. dtsch. chem. Ges. 24, R., 1007 (1891). 2 Hantzsch, Reddelien: Die 
Diazoverbindungen. Berlin: Julius Springer 1921. — Auf die Auffassung nor- 
maler Diazohydrate als C,H,-N(:0):NH oder C,H, - N:NH:O durch Angeli, 
womit Strukturisomerie zwischen n-Diazohydraten und i-Diazohydraten angenom- 
men wird, sei hingewiesen. Die umfangreiche Literatur ist mit der Stellungnahme 
von Hantzsch in den Fortschrittsberichten der Farbstoffchemie in der Chemiker- 
Zeitung in den Jahren 1927 bis 1932 referiert. — ° Die Diazotierung von schwach 
basischen Aminen kann z. B. in einer Auflösung von Natriumnitrit in konzen- 
trierter Schwefelsäure geschehen. 
  
  
  
 
	        
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