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Kurzwaaren- Industrie. 15
Thüringerwalde, von Koburg bis Gotha, in Hildburghausen, Walters-
hausen, Rodach etc. ist die Spielwaaren-Fabrikation zu Hause. Kinder-
möbel, Porzellan-Kinderservice, mechanische Spielwerke, Porzellan-Bade-
kinder, Puppenköpfe, gekleidete Puppen und Puppenkörper werden in
Masse verfertigt und beglücken die grosse und kleine Kinderwelt aller
Länder und Völker. Wie viel Tausend Dutzend Puppen werden per
Jahr im sächsischen Erzgebirge in Schneeberg, dann in Magdeburg in
der Pfalz gekleidet! Deutschland versieht die ganze Welt mit Puppen,
und die Bedeutung der Fabrikation dieses Kurzwaaren - Artikels ist gar
nicht zu unterschätzen.
Sachsen liefert die billigen Holzspielwaaren in Schachteln, als
Kegel, Dörfer, Hausgeräthe etc.
Preussen stellte weniger in Spielwaaren aus; diese Branche scheint
dort nicht zu gedeihen. Berlin hat einen nicht unbedeutenden Fabri-
kanten in diesem Artikel, der sich mehr auf etwas feinere Waaren wirft,
die sehr gesucht sind. Desto mehr fabrizirt Württemberg in gutem,
kourrantem Spielzeug, als hölzerne Pferde, Fuhrwerke, praktische Spiele
in Holz; die Blechspielwaaren aller Art, Fuhrwerke, Kochherde, Küchen,
Brunnen, Wasserwerke, von Rock & Graner in Biberach, sind sehr schön
und gesucht.
Wie eine Industrie eingeführt werden kann, davon haben wir auch
hier ein treffendes Beispiel. Ein Stuttgarter Kaufmann hatte ein Detail-
Spielwaaren-Magazin, seine Waaren holte er in Nürnberg, Sonneberg ete.
Aber es fehlten ihm immer etwas bessere praktische Artikel, die nirgends
aufzutreiben waren. Er entschloss sich, nach seinen Angaben und
Zeichnungen bei guten Drechslern in Esslingen solche Waaren anfertigen
zu lassen und in wenigen Jahren hatte er es durch Fleiss und Ausdauer
dahin gebracht, dass seine Erzeugnisse in England, Frankreich, Deutsch-
land und überall gesucht waren. Heute ist diese Industrie in Württem-
berg eingebürgert und erfreut sich eines grossen Absatzes.
Tyrol liefert seit vielen Jahren seine bekannten gemalten Holz-
pferde, Wagen, Wiegen, Frösche u. dgl. und versendet dieselben ziem-
lich weit. In dieser Branche sind keine erheblichen Fortschritte gemacht
worden und eine Zunahme im Verkauf ist zweifelhaft.
Aus England hatten wir ein einziges Haus in London zu beur-
theilen. Ausser einigen nationalen Spielen, welche dort angefertigt
werden, bezieht England seinen ganzen Bedarf aus Deutschland und
Frankreich. Der Verbrauch von Spielwaaren ist in England ein bedeu-
tender; der Grund, warum dieses Land wenig in diesem Artikel fabrizirt,
mag in den viel billigeren Arbeitslöhnen in Deutschland liegen; dann
ist in England auch das Holz zu theuer.
Frankreich,, d.h. Paris, fängt an sich für die Spielwaaren sehr zu
interessiren; früher, noch vor einigen Jahren, bezog es diese Artikel
fast ausschliesslich aus Deutschland. Für die schönen, fein gekleideten