Full text: Glas-, Stein-, Thon- und Cement-Industrie (Heft 12 = Gruppe 9)

  
  
  
B. von Arx in Olten. 
il. Thonwaaren, Terracoten, Porzellan. 
Die Anfertigung von Erzeugnissen aus den plastischen Stoffen ver- 
schiedener Erd- und Thonwaaren ist nicht neu, sondern lässt sich in 
ihrer geschichtlichen Entwicklung auf Jahrtausende zurückverfolgen, wo 
sie mit den Anfängen menschlicher Kultur zusammentrifft. Schon die 
Bewohner der Pfahlbauten kannten diese Verarbeitung, in welcher die 
“gypter, Griechen und Römer zu einer hohen Vollendung gelangten. 
Von Jahrhundert zu Jahrhundert können wir das Fortschreiten und den 
Zustand dieses Produktionszweiges beobachten und uns vor Augen füh- 
ren, wie dabei das praktische Geschick sich entwickelte und mit dem 
künstlerischen Geschmack, dem Bestreben nach Schönheit der äussern 
Form sich verband. 
Auf diesem Felde gerade liefert uns die Weltausstellung eine reiche 
lebendige Illustration zur Kulturgeschichte. Die Völker, welche der Seg- 
nungen der Civilisation noch nicht theilhaftig geworden, weisen in ihren 
Thon- und Erdwaaren noch die primitivste Einfachheit auf, kein aus 
den genannten Materien geschaffenes Gefäss oder Geräth geht über den 
Gesichtskreis des durch das nothwendige Bedürfniss gebotenen, rein 
praktischen hinaus. Wo aber die veredelnde Macht der Kultur ihr 
Scepter schwingt, hat sie stets die Kunst, das Gefühl für das ästhetisch 
Schöne in ihrem Gefolge und bestrebt sich überall, demselben Eingang 
zu verschaffen. Es gewährt ein hohes Interesse, an der Hand dieser 
ausgestellten Erzeugnisse die vorzüglichsten Geschmacksrichtungen der 
verschiedenen Kulturepochen zu studiren. Die täuschend gelungenen 
Nachahmungen alter griechischer und römischer Trink-, Zier- und Kultus- 
gefässe stellen sich den prächtigen Produkten der Neuzeit gegenüber, 
die klassische Antike der modernen Kunstauffassung. Im Alterthum tritt 
uns in Bezug auf das Material eine durchgehende Einförmigkeit entgegen, 
sämmtliche Gefässe sind aus einer feinen, hartgebrannten Thonmasse 
gefertigt; die Neuzeit dagegen zeichnet sich durch eine grosse Vielfältig- 
keit und Auswahl in der Gewinnung und Verarbeitung des Rohmaterials 
aus. Es kommen zur Verwendung weisser und gelber Thon, weisse und 
gelbe Erde, feuerfeste Erde, Kieselerde, Quarz und Spath, selbst chemische 
Produkte, sei es als Beimischung oder Hauptstoff, als Ueberzugsmasse 
oder blosse Glasurschicht. Besonders in den Mopoliter Glasuren. 
England, Frankreich, Deutschland, Oesterreich und auch Italien 
beanspruchen den ersten Rang in der Anfertigung von Gefässen aus den 
verschiedenen genannten Materialien; sie erzeugen Steingut, Porzellan 
von 
ler gewöhnlichsten bis zur feinsten Art. Der Rohstoff zur Fabri- 
kation des gewöhnlichen Töpfergeschirres, die weisse Erde, wird bald 
mit etwas Kalk, bald mit andern Mineralien gemischt, wodurch ein sehr 
verwerthungsfähiges Material geschaffen wird, bei dessen Verarbeitung 
Form, Zeichnung und Glasur des ordinären Porzellan-Steingut nachgeahmt 
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
      
   
  
  
  
   
  
   
  
  
  
     
    
  
  
  
  
   
     
   
   
       
   
  
  
   
    
  
	        
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