Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

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Achtes Kapitel. Die freie Reichsſtadt Eßlingen. 95 
zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts; nie zuvor und 
na<hher waren die Hexenproceſſe ſo zahlreih als da- 
mals 1),“ 
Dem Spital zu Eßlingen unterſtanden mehrere Ortſchaften, z. B. 
Möhringen und Weihingen. Jn dieſen Orten wurden au bei Kirchen. 
viſitationen fleißig nah Hexen geforſcht. Die der Zauberei Verdächtigen 
wurden dur< die JFnquiſitoren ohne Ausnahme na< ihren Complicen 
gefragt, und nöthigenfalls die Folter bis zum Geſtändniß angewendet. 
Die Verhafteten wurden ſo zahlrei, daß die Gefängniſſe niht mehr 
ausreihten , ſo daß das leer ſtehende Auguſtinerkloſter in ein neues ver- 
wandelt werden mußte. Die Zahl der Gefängnißwärter wurde daher 
um 20 Thorhüter vermehrt. December 1662 ſ{hi>te die Geiſtlichkeit von 
Eßlingen den Entwurf eines Neujahrsgebetes wider die Hexen und Uns 
holden an den Rath, der ihn zurü>wies, weil es ihm bedenklih erſchien, 
ein ſolches Gebet öffentlich verlefen zu laſſen. Bei dem Verlaufe dieſer 
Proceſſe nahmen die Jnquiſitoren weder auf den Verſtand no auf den 
ſittlihen Gehalt der Angeber Rü>ſicht; ſelbſt die Ausſagen anerkannt 
ſhlehter Subjecte galten bei ihnen mehr, als die Zeugniſſe unbeſcholtener 
und obrigkeitlicher Perſonen. Sogar auf Ausſage von zehn- und zwölf- 
jähriger Kinder hin wurden mehrere Leute verhaftet. Den Angeklagten 
band man, um Geſtändniſſe zu erpreſſen, Steine von 30, 50 und 100 
Pfund an die Füße. Ein Angeklagter, Joh. Elſäſſer, bekannte, wie der 
Pfarrer Schultheiß und die Zuchtherrn berichteten, vor ihnen , ſchon als 
Säulfnabe jei er im Hexenmwerf unterrichtet worden. Der erſte Jnquirent, 
Advokat Daniel Hauf, welcher alle Angeklagten ſchon unverhört als ſ{<ul- 
dig betrachtete und demgemäß handelte, ſtarb 1665. Jn ſeiner Leichen- 
rede hob der Prediger hervor „mit weldem Fleiß und Eifer Tag und 
Nacht der Verlebte auf die Ausrottung der teufliſchen Zauberei ſi vere 
wendet, jelbjit mit Hintenanjegung ſeiner Geſundheit und der Fürſorge 
für ſeine zahlreihe Familie“, Er ſtarb 37 Jahre alt. Das Richterper- 
ſonal lebte in beſtändiger Furht vor den magiſchen Künſten der Zauberer. 
Als Georg, Schöffel ins Verhör na< Eßlingen gebra<ht wurde, wollte 
dieſer den X quiſitoitn die Hand reihen. Dies wurde jedo<h niht ges 
duldet aus Furcht, er möchte ſie dadur< bezaubern, daß ſie die Wahr- 
heit niht aus ihm herausbringen könnten. Superintendent Weinheimer 
war zu der Angeklagten Katharina Ebermains geſchi>i worden und 
1) Dieſe unleugbare Thatſache macht wohl alle Tiraden über Hexenhammer 
und Bulle Jnnocenz VIII. zu Schanden, als ob dieſe die Schuld an den Hexens 
proceſſen in Deutſchland trügen, wie Horſt und Heppe im Widerfprucdhe mit fich 
ſelbſt glauben machen wollen. 
  
  
 
	        
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