Zweites Buch.
Die Hexenproceſſe in katholiſchen Gebieten.
Erſtes Kapitel.
Kur-MWMainz.
I.
Mainzer Gebiet.
In nächſter Nähe, nur vier Stunden Main abwärts von der Stadt
Wertheim, liegt das ſ{öne Städtchen Miltenberg; da, wo der Main ſeine
lezte Biegung macht, um im weſtlichen Lauf dem Rheine zuzueilen, zieren
jeine Thürme und ftattlichen Gebäude das linke Mainufer, überragt von
mit rebenbepflanzten Hügeln. Damals war Miltenberg noch die Haupt-
ftabt des furmainzifchen Oberamtes gleichen Namens. Dieſes umfaßte
drei Amtsfellereien und Amts =Voigteien: Miltenberg, Prozelten und
Klingenberg. Wiewohl wir bereits aus dem Jahre 1591 den hervor-
ragenden Anwalt Andreas Bopen aus Miltenberg kennen gelernt haben,
welcher die vortrefflihſten Gründe gegen die Tortur und die Hexenproceſſe
in's Feld geführt hatte, ſo wurde nihtsdeſtoweniger ſeine Vaterſtadt
dreißig Jahre ſpäter der Schauplay zahlreicher Proceſſe. Bereits
1615—1617 war eine Verfolgung der Hexen in Scene gejegt worden.
Dann war eine Pauſe eingetreten, bis ein Obriſt Johann von Garten
ſih von ſeinem Fürſten und Herrn beim Jahreswehſel na< Anwünſchung
eines glüd>ſeligen, preis- und freudenreichen, geſunden und wohlerſprießlichen
neuen Jahres ſi< die gnädige Erlaubniß erbat, eine neue Verfolgung
organiſiren zu dürfen, Denn es ſeien der Hexen no< mane übrig
geblieben ſeit der lezten Procedur vor eilf Jahren. Dazu fordere der
Himmel die Obrigkeit auf, wie das aus dem leztjährigen Mißwachs ge-
nugſam zu erkennen. Auch erfordere es die unſchuldige Jugend, die an-
ſonſt zu dem abſcheulichen Laſter der Zauberei verführt würde. Nah
erhaltener Genehmigung begann die blutige Arbeit. Es mag dieſer Be-
amte auch) die Jntereſſen des Fiscus im Auge gehabt haben; denn mit
großer Genauigkeit läßt er die Vermögensverhältniſſe der Juſtificirten