Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

108 Erſter Theil. Zweites Buh. Die Hexenproceſſe in katholiſchen Gebieten. 
verzeihnen. Ein Mädchen gab als Grund ihres Muthes eine Predigt 
an, die ſie von einem Jeſuiten gehört habe. Er habe geſagt, auch die 
Zauberer könnten in den Himmel kommen. So frage fie nichts 
nad Kerker und Pein und wollte nichts bekennen. Eine Frau aus 
Prozelten beſaß einen Cryſtallſtein, den ſie von einem Medier in Ham- 
melburg erhalten haben ſollte. Derſelbe habe damit die Krankheiten 
erkannt. Erblide man darin zwei Perſonen, ſo ſei die Krankheit dur 
Zauber angethan; erblide man eine Perſon, ſo ſei die Krankheit natür- 
ih. Aber nur ein Gülden -Sonntags= Kind wie fie könne das ſehen, 
Auch könne ſie Segen ſprechen gegen alle Krankheiten, gegen Geſpenſter 
und die Frau Hullen. Das war der Jnhalt der Anklage. Sie aber 
ſtellte im Verhör „Alles in Abrede“ und wurde in Gewahrſam abgeführt. 
1628 gab es wieder viel Mißwahs. Zwei Bürger klagen über eine Frau 
beim Centgrafen wegen angethaner Shwachheit an einem Kinde. Der 
Vater wollte von dieſem Glauben gar niht abgehen; es gab aber auh 
ſhon Bürger, welche die Hexerei bezweifelten. Die Geiſtlichkeit wurde von 
Regierungsſeite angewieſen, die Inhaftirten zu befuchen und vor dem 
Gerichtstage die heiligen Sakramente zu ſpenden. Eine alte Frau denun- 
eirte auf einen Schlag 47 Perſonen, dann wieder 12, an ihrem Gerihts- 
tage no< 3. Jndeſſen verweigern die Räthe die Einziehung der drei 
zulegt Genannten. Au Hans Daniel von Rottenbuh will ein güldenes 
Sonntagskind ſein; er will alle Hexen aus ihrem Angefihte erkennen, 
er gibt deren 315 aus zehn Ortſchaften an; die meiſten dieſer Complicen 
leugnen ihre Shuld, theils während, faſt alle na< der Tortur. Die Fahrten 
der Frau Hullen hat er nicht mitgemaht. Der Prior des Kloſters Neuſtadt 
hat einer Verdächtigen den Rath ertheilt, öfters zur heiligen Beicht zu gehen. 
Von dem Fahre 1576, wo die erſte Einziehung ſtattfand, bis 1630 wurden 
im Amte Lohr 141 Perſonen eingezogen , davon zehn wieder éntlaſſen. 
Hingerichtet wurden aus Lohr 67, Riene> 32, Rottenba<h 8, Lauden- 
bad) 4, Shupa<h 5, Se>enbah 5, Wambach 5, aus fünf weiteren Orte 
ſchaften je eine. Von den zehn Entlaſſenen waren neun Frauen, fie 
verdienen , daß man Act nimmt von ihrem heroiſhen Muthe, mit dem 
ſie ihre Unſchuld vertheidigten. Da iſ eine Frau von Flammersbadh, 
Herrgottin , vom Schultheiß und Gericht beſchuldigt, Zauberei zu 
treiben. Troy angewandter Tortur bleibt ſie ſtehen auf ihrer Unſ<huld 
und wird \{ließli< 1629 entlaſſen gegen Caution, Zahlung der Zehrungs= 
toften und Verſprehen des Wohlverhaltens. Gleichzeitig wird Hans Den- 
finger’s Tochter eingezogen; ihre Eltern find bereits juſtifizirt. Wenn 
auh meine Eltern, erklärt ſie, mit der Zauberei behaftet geweſen, ſo 
weiß ih auf der ganzen Welt nichts davon. Wenn andere mir es 
gethan haben, ich fann es nicht thun; denn ih weiß von Allem nichts 
  
D EE ARRI TAGE FTE, SSS ASB PII TE = BEER TEE ZH FETTE 
 
	        
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