Erftes Kapitel. Kur-Mainz. 109
zu jagen. Wenn ih ſ{hon immer und ewig im Gefängniſſe daliege, fo
fan ich doch nichts offenbaren. Ich habe mein Leben lang noh niht
ſo viel geſehen , alS einer ufjm Nagel möchte leiden ; ich freue mich, daß
ih ſo fromm bin. Unſern Herrgott habe ih vielmal gebeten, er möge
mir do einen guten Sinn geben u. |. w. Die Richter waren dur
dieſe Haltung und die Jugend des Mädchens zur Milde geſtimmt. Sie
hatte 16 Jahre als ihr Alter angegeben, einige Bürger hatten dies erfahren
und aus den Büchern conſtatirt, daß ſie bereits 171/, Jahr alt ſei. Sie
verlangten peinliches Verhör wider dieſelbe, weil ſie kein Kind mehr ſei
und Andere habe verführen wollen. Es erfolgte ein ſharfes Examen im
Beiſein des Scharfrichters mit ſeinen ſhre>lihen Werkzeugen. Doch fie
bewahrte ihre feſte Haltung, wurde freigegeben unter den bereits bezeih-
neten Bedingungen. Doh wollte ſie Niemand in's Haus aufnehmen,
weshalb ihr ein Vormünder gegeben wurde mit dem Auftrage, fie fleißig
zum Gebet, zur Kirche und Schule anzuhalten.
Die dritte Heldin iſ die 60jährige Wittwe Zanger'3, Angela. Sie
vertheidigt ſi< mit allem Muthe; es ſei ihr no< kein einziges Geſpenſt
oder Teufel vorgeklommen; um hundert Gottes Willen bittet ſie, ihrer
doh zu ſhonen. Der Scharfrichter wurde ihr an die Seite geſtellt,
umfonft. An beiden Füßen erduldet ſie die Pein des „Krebſes“ ; fie
bleibt bei ihrer Betheuerung der Unſhuld. Am folgenden Tag
gab ſie der Tortur na<h und erklärte ſi< ſ{<huldig, Hexentänzen beige-
wohnt zu haben, doch alsbald nimmt fie die Ausfage zurüd, ſie wolle
gern ſterben ; ſie habe jenes nur aus Pein geſagt. Sie wird wiederum
und zwar mit dem Aufzuge gefoltert, bleibt aber ſtandhaft, wird abge-
führt in's Gefängniß, in welchem ſie der Tod aus der Hand der Henker
befreit. Ff 27. October 1627.
Ein gleiches Geſchi> hatte die 45jährige Döngel’'s Apel, die Ehefrau
von Georg Bidert. Sie wurde mit derſelben eingekerkert. Auf der Fol=
ter ſchrie ſie: „Liebe Engel im Himmel, ſteht mir bei; wenn es meiner
Seele Seligkeit keine Beſhwerniß macht, ſo will ih ſagen, ih kann zau-
bern und will gern ſterben wie eine Hexe, ih kann aber niht zaubern.
O, unſchuldiges Blut, o Gott erbarm Dih!“ Sie ſoll entlaſſen werden,
ſtirbt aber noh vor ihrem Austritt aus der Kerkerhaft.
Welcher Art die Verpflegung der Gefangenen während ihrer Jnhaf-
tirung war, ergibt ſi< am Beſten aus der Koftenrechnung, welche am
Séluſſe den Jnkulpaten oder deren Erben eingehändigt wurde. Hier
ein Beiſpiel :