116 Erſter Theil. Zweites Buh. Die Hegenproceffe in katholiſchen Gebieten.
Gott die Zauberei geſtattet werden ſoll, als in der Stadt Köln. Wer
hat früher gehört, daß Zauberer oder Zauberinnen in Köln verurtheilt,
verbrannt worden wären? Oft hat man Einige, die der Zauberei bes
ſhuldigt waren, gefangen und lange ſigen laſſen; man hat ſie verhört,
aber nichts Beſtimmtes erfahren können. Soll es denn in Köln nicht ſo
viele Mittel geben, die Wahrheit zu erforſhen, als an andern Orten?
Heute noh ſit ein armes altes Weib auf dem Altenmarkte am Brunnen
im Schuppen Tag und Naht; man ſagt, es iſ eine Zauberin , man
wirſt es ihr vor, fie bekennt es öffentlich vor dem Volfe, verlangt, man
ſolle fie verbrennen; fie ift wohl lange Jahre ein böſes Weib geweſen,
ader man läßt ſie paſſiren und ſagt, daß fie toll jei. Vor längerer Zeit
war ih im Namen meines Bater3 zu Alken an der Moſel im Wein-
geſchäfte: Dieſer Ort iſt zweiherrig, hat zwei Schlöſſer und zwei Gerichte,
das eine trieriſh, das andere fölniſh; zu jener Zeit ſaß ein Weib von
Niedervell dort gefangen, es ſollte Kühe, Enten, Hühner bezaubert haben.
Dieſe Frau wurde von dem trieriſhen Vogt und Schöffen zum Tode
verurtheilt; aber Vogt und Schöffen des kölniſhen Kurfürſten haben ſie
freierkannt, ih habe ſie dana< in Freiheit geſehen. Daraus fieht man,
daß die Anklage auf Zauberei ein ungewiſſer Handel iſ, und daß man
große Urſache zu zweifeln hat. Es gibt gar böſe Leute, die irgend ein
Weib Zauberin ſelten, dadur<h in den Mund des Volkes bringen , und
das Volk hält dieſes Weib dann für eine wirkliche Zauberin; wenn man
aus Haß oder aus Leichifertigkeit ſeine Mitmenſchen in ſo böſes Gerücht
bringt, wird man jchwerlich joldhes dor Gott verantworten können. Jh
habe au< zu den Leuten, die mit Fingern auf eine Zauberin wieſen,
geſagt : Woher wißt ihr das? Ja, die Leute ſagens, das Gerücht geht
fo. Darauf antworte ih: Wenns von euch gejagt würde, wie ſolltet ihr
dem gemuthet ſein, welche Luſt ſolltet ihr darüber empfinden? Liebe
\hweigt, nimmt Niemanden, was man ihm niht wiedergeben kann. Jh
weiß wohl, daß es manche böſe, argwöhniſche, niedrige , aufjäßige, un-
züchtige, ſhädliche Weiber gibt; daraus folgt aber gar niht, daß dieſe
Zauberinnen ſeien; niemals hab ih aber ein Weib geſehen, das im
Stande wäre, Haſen, Hunde, Haben, Mäufe, Schlangen, Kröten zu
maden, mit einem Bo> durh den Schornſtein zu fliegen, in Weinkeller
zu jhlüpfen, mit den Teufeln zu tanzen; und derjenige, der da jagt,
er habe es geſehen, kann lügen. Laß es Gott richten.“
Noch möge hier Plaÿ finden, was L. Ennen aus dem Gedenkbu<h
des Herrmann Weinsberg aus dem Jahre 1589 mitgetheilt Hat!), Am
1) Zeitſchrift für die Culturgeſchichte, 1859, IV, Bd. ©. 765,
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