Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
  
146 Erſter Theil. Drittes Buh, Die Folter oder Tortur. 
ſind die beiden erſten am wihtigſten : ſeine Behauptung nänilih , das 
Ausfahren der Hexen ſei nur Phantaſie, und dur<h die Härte der Folter 
müßten die Aermſten eingeſtehen, was ſie nie gethan hätten. Mit grau- 
famer Schlächteret werde unſhuldiges Blut vergoſſen, eine neue Alchemie 
oder Kunſt, aus Blut Gold zu machen. Er beſchuldigte deßhalb die 
Obrigkeit der Tyrannei und Grauſamkeit. Loos mußte alſo widerrufen ; 
ſpäter aber, als er in Brüſſel weilte, kam er auf ſeine alten Lehren zu- 
rü>. Man ſieht, daß Loos einen ſehr praktiſchen und ſharfen Bli> hatte, 
da er ſeinen Angriff niht blos auf den Hexenwahn beſchränkte , ſondern 
aud mit Recht ihn gegen die Unmenſhli<hkeit des Hexenproceſſes richtete. 
Darin war er der Vorläufer von Friedrih von Spee. 
Der gelehrteſte unter den Vertheidigern des Hexenproceſſes auf katho- 
liſher Seite war unſtreitig Delrio. Sein berühmtes Werk „magiſche 
Unterſuchungen“ gibt davon Zeugniß. Er verdient an dieſer Stelle das 
Lob, daß er bezüglich der Jndicien und Tortur äußerſt vorſihtig war !). 
Bezüglih der „Anzeichen“ jchreibt er: „Um amtlide Recherchen über 
ein Verbrechen anzuſtellen, genügen leichte Jndicien; um aber den Ver- 
dädhtigen in Unterfuhung zu nehmen, ihn zu citiren des Deliktes wegen, 
ſind \< were oder gewichtige Anzeichen nöthig. Was die Verhaftung be- 
trifft, ſo genügen, wenn fie nur aus Furcht vor Fluchtverſu<h geſchieht, 
während defjen die Unterfuhung fortgeht, leichte Imdicien. Sollte aber 
die Haft erfolgen, um ſpeciell das Verfahren einzuleiten, find jehmwer- 
wiegende Jndicien erforderlich.” 
„Zur Tortur genügen nah meiner Anſicht, Anzeichen, die mehr als 
jhmwerwiegend find, und ich glaube, von Clarus werden als ſ{<hwere bes 
zeichnet ſolhe, welche ſonſt als die ſhwerſten angeſehen werden. Jn der 
That, nah Farinacius müſſen die Anzeichen jo zwingend, ſo fiher, ſo 
ſonnenklar ſein, daß dem Richter, von der Schuld des Delinquenten über- 
zeugt, nihts weiter fehlt, als defjen Eingeftändnig der Schuld 2). Jn 
der Section IX. handelt Delrio über den Vollzug der Tortur. Ehe zu 
ihr geſchritten wird, muß dem Angeklagten eine copia der gegen ihn 
vorgebrachten Jndicien gegeben werden. Dann ſoll ihm auh genügende 
Zeit zur Vertheidigung gewährt werden ; ferner iſt ihm die Urſache, wa- 
rum er torquirt werden ſoll, genau mitzutheilen, im Falle er keine Appel- 
lation eingelegt hat. Hat der Richter Zweifel, ob der Angeklagte von dem 
gegen ihn vorliegenden Verdacht ſih genügend gereinigt habe, ſo muß er 
1) Delrio untexläßt es niht, auf Grund der Zeugniſſe der Alten, z. B. des 
Ariſtoteles, Cicero 2c. und der heiligen Väter, namentli<h Auguſtins, auf das Bedenk- 
liche und Trügeriſche der Folterausſagen hinzuweiſen. Lib. Y. Sect. 10, 
2) Desquisitionum magicarum: libri VI in III tomos partiti. Officina 
Ursullana 1606, tom, III, lib, V, sec. III, ©. 24, 
 
	        
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