Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

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Erſtes Kapitel. Stellung der katholiſchen Kirche zur Folter. 149 
Beweiſe dazu kommen. Beim Verbre<hen der Zauberei jedo<h genügen 
niht einmal zwei Hexen, au wenn ſie eine unbeſcholtene Perſon mit 
eigenen Augen bei den Conventen geſehen haben will, zur Vornahme der 
Tortur. 45. Während der Tortur darf der Angeklagte über Einzelhei- 
ten nicht gefragt werden, denn das hieße ihn zum Lügen verleiten, weil 
fie alsdann unter der Wucht der Schmerzen alles Beliebige ausſagen. 
46. Der einmal Gefolterte aber niht Geſtändige darf niht wieder ges 
foltert werden , wenn niht neue, von den früheren verſchiedene und für 
ſi ſelbſt genügende Jndicien hinzutreten. 47. Das auf der Folter ab=- 
gelegte Geſtändniß muß außerhalb dem Folterlokal wiederholt und binnen 
24 Stunden ratificirt werden. Wenn er dann revocirt, kann die Tortur 
wiederholt werden. Wenn er zum zweiten Mal das Nämliche thut, darf 
er niht mehr torquirt werden, es ſei denn, daß die Folterung eine äußerſt 
gelinde geweſen wäre und der Beklagte in dem nachfolgenden Geſtändniſſe 
ganz neue Anzeigen den ſrüheren hinzugefügt hätte“. 
Wenn dieſe Grundſätze Dianas, des Hoftheologen Jnnocenz IX., über= 
all bei der Folter zur Anwendung gekommen wären, würden hundert 
Tauſenden das Leben und geſunde Glieder bewahrt geblieben ſein, die 
anders unter den Folterqualen dahinſiehten ünd ihr Leben verlieren muß= 
ten. Ihrer Geltung in Stalien, Spanien und Portugal iſ es zuzu- 
ſhreiben, daß dort die Greuel der Hexenproceſſe weniger Eingang und 
Verbreitung gewannen !). Man kann das Nämliche auh von Oeſtreihbehaup- 
ten, wo im Großen und Ganzen fie weniger auffamen, und wenn ſolche 
in Tyrol verzeichnet werden, jo mar das Verfahren dort nah der Jnſtrucs 
tion Dr. Volpert Mozels von 1643 ein viel milderes. Diefe mildere Auf- 
faſſung und Praxis, welche dem Einfluffe der cautio criminalis bezüg« 
lih des Kurfürſtenthums Mainz und Braunſhweig und anderer deutſchen 
Staaten von Thomaſius zugeſhrieben wird?), iſt unzweifelhaft auh dem 
Einfluſſe des römiſchen Stuhles beizumeſſen. Jn Frankreih wurden die 
ſtrengen Geſeße 1682 gemildert. Auch der in Paris 1663 zur katholi- 
ſchen Kirche zurü>gekehrte Herzog Chriſtian von Meklenburg-S<hwerin hat 
die Anwendung der Folter und die Verbrennung der Hexen verboten, ſo 
daß ſeine 30jährige Regierung dem Lande von großem Nuben mar 3). 
Freilich) haben dieſe günſtigen Einflüſſe ſi< erft fpäter geltend gemadt, 
nachdem bereit3 die drei geiftlichen Stifter Bamberg, Würzburg, Fulda, 
1) cf. Schindler, Aberglaube des Mittelalterd. S. 297. Spee Ib, XV. 15. 
2) Thomaſius, Vorrede zu Webſter. 
3) Soldan-Heppe berichtet dieſes, aber ohne des Confelfionsmwechjeld zu ges 
denken; dasſelbe gilt von der Königin Chriſtina von Schweden, welche damals 
{hon (1649) katholiſirte, als ſie die Verfügung traf. 
  
  
 
	        
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