Full text: Der Hexenwahn vor und nach der Glaubensspaltung in Deutschland

  
  
150 Erſter Theil. Drittes Buch. Die Folter oder Tortur. 
jedod nur auf kurze Zeit eine traurige Berühmtheit erlangt hatten. Dem 
Biſchofe Johann Georg von Bamberg wurde dur<h ein Mandat Kaiſers 
Ferdinand IT. vom 26. Mai 1630 Mäßigung anempfohlen und feinen 
Räthen bedeutet, daß „alſo procedirt werde, wie es der rechten und pein- 
lichen Halsgeriht8ordnung gemäß iſt und ſih vermöge derſelben gebühren 
thuet 1)“, 
Hundert Fahre nah dem Erſcheinen der cautio criminalis Fr. v. 
Spees approbirte die Jeſuiten-Facultät zu Dillingen die Predigten 
des Li-. und Pfarrer J. Jgn. Klaus von Oberdorf mit wärmſter 
Empfehlung. Dieſelben wurden 1858 bei Herder in Freiburg in vier 
Bänden neu herausgegeben. Jn ſeiner Faſtenpredigt vom Charfreitag 
ſpricht der Prediger mit Abſcheu von der Folter, nennt es ein „unmenſ <- 
li hes“ Gerichtsverfahren, an Händen gebunden und mit einem Steine 
an den Füßen an der Folterleiter aufgehängt zu werden ?). 
In der gefürſteten Abtei Fulda ſind die Hexenproceſſe mit dem Na- 
men des habgierigen Centgrafen Balthaſar Noß verknüpft, Dieſer hat 
unter Fürſtabt Balthaſar von Dernba<h in der Zeit von 1603—1606 
250 Hexen gerichtet, niht 700, wie Soldan fälſhli<h angiebt, wurde aber 
unter dem Fürſtabte Johann Friedrih von Shwalba<h auf Antrag der 
Beſchädigten zur Verantwortung gezogen und ihm der Proceß gemacht. 
Noß appellirte an das Reichskammergericht in Speier und verlangte Gut- 
achten der juriftiihen Facultäten zu Würzburg und Ingolftadt. 
Don Würzburg lief das Urtheil 1615 ein. Darnah wurde „der 
Centgraf für jhuldig erfannt wegen feines ungebührlichen Procedirens und 
angelegter ſ{harfer übermäßiger peinliher Yrag, melde er als Cent- 
graf an verſchiedenen der Hexerei beſhuldigten Perſonen verübt, und da- 
neben die Erben mit übermäßigen Koſten belegt, das Stift Fulda zu 
verweiſen und aus ſeinem Vermögen die Koſten der no< niht bezahlten 
Proceſſe entrichtet und den Uebernommenen Schadenerſag geleiſtet werden 
ſolle“, Von JFngolſtadt liegt kein Gutachten vor 3). Troy ſeiner Be- 
mühungen um Freilaſſung iſt er 1618 am 5. Dezember nach 13jähriger 
Gefangenſchaft enthauptet worden 4). 
Wir conſtatiren dieſes Erempel eines gerechten Verfahrens gegen 
einen ungerechten Hexenrihter in einem katholiſchen Fürſtenthume in der 
Blüthezeit der Hexenproceſſe, Neben Jngolſtadt und Würzburg hat die 
1) Beiträge zur Geſchichte der Hexenperiode von Dr. Leitſhuh. Bamberg 
1883. ©. 18, 
2) Predigten von of. Jgnaz Klaus I. Bd. 175. 
3) Dr. Malfmus. Anechotenbüchlein. S. 108—151. 
4) Gangolf Hartungs Chronik von Fulda 1607—48.
	        
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